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Botschaften von Traum-Welten

■ »Continuum« im Polnischen Institut für Kultur

Fotografie, meint der polnische Künstler Grzegorz Przyborek, sei für ihn die hinterlassene Spur zwischen Wirklichkeit und Vision, etwas Surreales. Gleißend helle und scharfe dunkle Kontraste auf dem Papier, findet Marek Posniak, heben die Objekte im Bild aus ihrem trivialen Zusammenhang in eine außergewöhnliche Erfahrung, in einen new space. Schließlich stelle die Fotografie, so Zdzistaw Dados, den artistischen Weg dar, aus seiner gewöhnlichen Sehweise zu einer metaphysischen zu gelangen. Der Schein einer neuen Wirklichkeit tauche darin für ihn auf.

Mit beinahe beängstigender Experimentierfreudigkeit haben elf polnische Künstler Fotografien geschaffen, die ganz bewußt Bezug zu den Anfängen, zum Laboratorium, zum »Essentiellen« in der Fotografie nehmen. Unter dem Titel »Continuum« sind im Polnischen Institut für Kultur am Alexanderplatz ihre neuesten Abbildungen zusammengestellt, die an die Pioniere der pysiognomischen Bildsprache ebenso erinnern wie an die avantgardistischen Versuche jenseits der sachlichen Wiedergabe. Hart fotografierte Objekte durchziehen die Ausschnitte wie grafische Konturen, so daß Absurditäten entstehen. Irreal inszenierte Allegorien täuschen Spiegelbilder vor: mythisch künstlerische Aussagen vom Wesen der Bilder, von Sein und Schein, der Gestalt und ihrer Zeichen.

Ein Abbildrealismus, eine narrative Fotografie findet sich bei ihnen nicht. Statt dessen verdeutlicht sich in ihnen ein Stück polnischer Gegenwartsfotografie, die versucht mit stilimmanenten Möglichkeiten das Abbild zu einem überraschenden und absurden Erlebnis werden zu lassen: Fotografie als Zauberei, Magie und in katholischen Grenzbereichen.

Mit den Mitteln der Fotografie wird die Wirklichkeit so eingefangen, daß — wie bei Wojciech Prazmowski — die Realität gar nicht mehr gezeigt wird, sondern durch die eingesetzte Unschärfe das Bild zu einem Hauch flirrender Impression verschwimmt. Wie mit einem Reißschwenk wischt die Zeit vorbei. Ein Rhythmus von Leichtigkeit und Bewegung, von Lebensgefühl und Vergänglichkeit wird in den Fotos sichtbar; Bilder für Begriffe, für Chiffren eines neuen Aufbruchs in Polen? Eine »Nouvelle Vague« aus »Asche und Diamant«? Werden die meisten Abbildungen zu in Szene gesetzten Inszenierungen von Gegenständen in einem unwirklichen Raum, so kann man Marek Gardulski als einen Fotografen der Fläche bezeichnen, der für ikonografische Programme der Stilleben-Malerei die fotografische Entsprechung sucht. Poetisch und surreal muten seine mit Spiegeln und verdorrten Blüten, Früchten und schäbigen Platten arrangierten Fotostilleben an. Eine nüchterne Version einer einst verschwenderischen Allegorie mit Todessymbolen und barocker Geste?

Ein bloßes Experimentieren mit pragmatischen Aufgaben von Fotografie und kunstgeschichtlichen Zitaten sind die Bilder indes nicht. Sie erscheinen vielmehr als die unbändige Suche nach ästhetischer Artikulation, die über Umwege und Bezüge zu dem eigenständigem Vokabular strebt, das immer dann gefunden scheint, wenn die Bilder nicht manierierten Botschaften aus Licht und Schatten gleichen, sondern ganz eigene Traum-Welten entstehen lassen. rola

Continuum bis zum 31. 5. im Polnischen Institut für Kultur, Karl-Liebknecht Straße 7, 1020 Berlin (Mitte), Di bis Sa von 10 -18 Uhr.

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