Grunau hat vor allem Schulden

■ Wirtschaftsenator wirft dem Untermehmer Grunau höchst vertraulich Unfähigkeit vor / Wer bedient die Sparkasse?

Hinter den Kulissen geht das Tauziehen um die Zukunft des AG Weser-Geländes und der Firma Grunau, die den Löwenanteil davon gekauft oder gepachtet hat, in die entscheidende Phase. In einer internen Deputationsvorlage hat die Wirtschaftsbehörde, die jahrelang voll auf Grunau gesetzt hat, nun eine vernichtende Kritik einfließen lassen: Bei dem Unternehmer Grunau stellte Senator Beckmeyer am 29.4.91 „mangelhafte Organisation im Bereich des Projektmanagements sowie der Fertigungsplanung und -steuerung“ fest. Auf deutsch: Der Mann, auf den Bremen gesetzt hat, ist überfordert. Das habe „zum Abbruch der geschäftlichen Beziehungenm zu mehreren Unternehmen des Anlagenbaus“ geführt, heißt es in dem Papier weiter.

Da wird auch eingeräumt, daß Grunau weit von seinen Arbeitsplatz-Versprechungen entfernt ist: Zusätzlich zu bestehenden 194 Arbeitsplätzen (Frühjahr 1989) sollte Grunau bis 1992 60 neue schaffen, dafür wurden ihm 1,5 Millionen Subvention gutgeschrieben. Grunau selbst meldet aber „gegenwärtig tatsächlich 169 Arbeitsplätze“, stellt das Behördenpapier fest.

1989 hat die bremische Eigengesellschaft und Hibeg-Tochter SWG mit Grunau zusammen eine gemeinsame „Arbeitsgemeinschaft“ Arge Weser gebildet, bei der Grunau bei der Vermarktung der ihm überlassenen wertvollen AG Weser-Flächen geholfen werden sollte. „Aufgrund interner Querelen hat Fa. Grunau seine Mitarbeit in der Arge Weser beendet“ und seit Monaten seinen Anteil nicht mehr bezahlt. Grunau sei „zum 28.2.91 ausgeschlossen worden“, formuliert das Behördenpapier. Auf deutsch: Das Management für die Nutzung des AG Weser-Geländes soll die staatliche Seebeck- Grundstücksverwaltung (SWG) allein betreiben, die dazu aber weder Know How noch Struktur hat. In der etwas beschönigenden Behördenformulierung: „Es ist eine geeignete Unternehmensform vorzubereiten, die Aufgaben des in den Bereichen Marketing, Akquisition, Verwaltung der Betriebsanlagen, technische Planung und Instandhaltung derselben usw wahrnimmt“. Auf deutsch: Das Konzept, auf den nach der AG Weser-Pleite 1983 freiliegenden Flächen am seeschifftiefen Wasser Unternehmen anzusiedeln, ist gescheitert. Derzeit planten Bremens Wirtschaftsförderer, daß ein Staatsunternehmen die AG Weser-Flächen bewirtschaftet.

Es fehlt allerdings ein kleiner Hinweis in dem vertraulichen Behördenpapier: Wie will Bremen über die Flächen wieder verfügen, die der Fa. Grunau preisgünstig verkauft oder langjährig verpachtet wurden? „Verlagerung“ des Industrieanstrich-Betriebes der Grunau-Gruppe ist die Lösung, berichtet die Behörde dem Bürgerschaftsausschuß. Um die 30 Millionen, die Grunau in einem Brief einmal für seinen Rückzug von dem AG Weser-Gelände verlangt hat, werde nicht verhandelt, erklärt Wirtschafts- Staatsrat Haller.

Der Unternehmer Grunau hat seinen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die Fides, um Bestätigung seiner Investitionen gebeten. Danach ergibt sich ein ganz anderes Bild: Grunau ist in einer Größenordnung zwischen 20 und 30 Millionen Mark bei der Sparkasse verschuldet und es ist kaum vorstellbar, wie der minimale eigene Produktionsbetrieb die Zinsen für eine derartige Kreditsumme abwerfen kann.

Schon in das Grunau-Grundstück in Mahndorf hat Grunau seit 1982 nach seinen eigenen Bücher 6,8 Millionen investiert, „die Finanzierung wurde überwiegend von der Sparkasse vorgenommen“ (Fides-Gutachten). Für das Grundstück hat Grunau aber bei Verkauf 1988 nur 4 Millionen erhalten, die direkt an die Sparkasse gehen mußten. Grunau muß zudem seine Industrieanstrich-Hallen auf dem Gelände auf eigene Kosten abreißen, wenn ein anderer Nutzer dies verlangt. Daß das Lager-Geschäft auf dem Mahndorf-Gelände soviel erbringt, daß die verbleibenden 3 Millionen Bankschulden getilgt werden können, dürfte ausgeschlossen sein. Wegen seiner Schulden mußte Grunau auch seine Immobilien-Ankäufe auf dem AG Weser-Gelände sofort mit hohen Bürgschaften für Commerzbank und Sparkasse belasten, die den Kaufpreis der Stadt Bremen weit überstiegen.

Für das AG Weser-Gelände, das Grunau seit 1988 gekauft und gepachtet hat,fand die Fides in den Büchern Investitionen von 18 Millionen. Auch diese können kaum anders als durch Bankkredite gedeckt sein. Grunau verpachtet zwar eine der Hallen lukrativ, im Verhältnis zu den Zinsbelastungen sind jedoch 40.000 Mark monatlicher Gewinne aus Vermietung einer von Bremen billig gekauften Halle geringfügig. Die freien Flächen, für die Grunau die Pacht an die SWG seit über einem Jahr nicht mehr überweist, stehen seit 1989/90 weitgehend leer bzw werden als Container-Stellplatz am Kai eher mißbraucht als genutzt. In dieses Bild paßt es, daß Grunau nicht einmal die 223.000 Mark kassierter Subventionen — die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Subventionsbetruges — an den Bund zurückzahlt, sondern sich vom Finanzamt hat stunden lassen.

Kaum vorstellbar, wie aus der geringen Nutzung des wertvollen Geländes die Zinsen an die Bank gezahlt werden sollen, geschweige denn Kredite getilgt.

Rechnet man dazu ca. 2 Millionen aufgelaufener Mitschulden und vielleicht 4 Millionen aufgelaufene Zinsleistungen, dann käme unter dem Strich eine Summe von die 27 Millionen Schulden heraus. Auch wenn es 5 Millionen mehr oder weniger sind — dieses Ergebnis der Berechnung von Grunaus eigenem Wirtschaftsprüfer ist aus zwei Gründen interessant:

Erstens entspricht die Summe, die Grunau für seinen Rückzug vom AG Weser-Gelände fordert, genau einer derartigen Schätzung seiner Bank-Schulden. Natürlich summierte Grunau in seinem Brief an die Wirtschaftsbehörde nicht seine Schulden auf, sondern angebliche Wertsteigerungen und Zwischengewinne aus den von ihm gepachteten SWG-Flächen. Weil die Investitionen für einen anderen Interessenten an dem Gelände aber wenig interessant sind, (eine relevante Wertverbesserung des Geländes ist nicht erkennbar,) ist die Stadtgemeinde der einzig denkbare Geschäftspartner für Grunau. Die bremischen Wirtschaftsförderer müssen einerseits den Eindruck vermeiden, das jahrelange Setzen auf Grunau sei nur eine Fehlspekulation gewesen, zum anderen kann die Stadt die Sparkasse nicht auf den Schulden sitzen lassen.

Zweitens, und dies ist der entscheidende Punkt, helfen alle Teilangebote Bremens, Grunau etwa für einen Teilrückzug aus seinen Flächen 14 Millionen zu geben, dem Unternehmer Grunau nicht aus seiner Zinsklemme. Insbesondere die von der Wirtschaftsförderung eingebrachte Auflage, Grunau müsse die von Bremen bezahlte Millionen- Summe in eine Lackier-Halle nach den Vorschriften der Gewerbeaufsicht investieren, wird die Sparkasse kaum akzeptieren können. K.W.