Der Pokalsieg mit Fuß und Hand

■ Tennis Borussia wurde durch einen 2:1-Endspielsieg über Hertha Zehlendorf erneut Berliner Pokalsieger im Frauenfußball, obwohl im Finale miserabel gespielt wurde

Tempelhof (taz) — „Es ist schon sehr lange her, daß man vor unseren Spielerinnen zitterte“, meinte Hannelore Kloniger, Referentin für Frauenfußball im Berliner Fußball-Verband (BVF), mit resignativem Unterton. Einst, so schwärmt man an den Lagerfeuern des BFV, wurden die Frauen von Tennis Borussia gar dreimal Deutscher Vizemeister: 1976, 1981 und zuletzt 1983, allein bezwungen von Bergisch Gladbach und Bayern München, den beiden auch heute noch prominenten Adressen im bundesdeutschen Frauenfußball.

Seitdem ging es an der Spree rapide bergab. Auch die aktuellen Bundesligistinnen des 1. FC Neukölln müssen die Eliteklasse nach nur einer Saison sang-, klang- und sieglos wieder verlassen. Ob sie nur Platz machen wollen für die Tennisdamen, den zwölffachen Berliner Meister, der am Samstag zugleich seinen achten Berlin- Pokal in Angriff nahm? „Ich traue es den ,Veilchen‘ zu. Mal sehen, was sie in der Aufstiegsrunde zeigen“, hofft Referentin Kloniger vor dem Pokalendspiel gegen Außenseiter Hertha Zehlendorf.

Aber was die 200 ZuschauerInnen im Tempelhofer Ebert-Stadion zu sehen bekamen, hätte selbst den nihilistischsten Grufti in schlimmste Depressionen gestürzt. Offensichtlich hatten sich die Lilahemden aus Charlottenburg in der Sportart geirrt. Unvorsichtig und zerfahren dilettierten sie den Ball durch die ungeordneten Reihen, daß die Hertha-Spielerinnen bereits in den ersten fünf Minuten das Match leicht hätten für sich entscheiden können. Von den zehn Punkten, die TeBe in der Meisterschaftsrunde zwischen sich und den Südberlinerinnen legen konnte, war nichts zu spüren.

Im Gegenteil: Immer wieder tauchten die Herthanerinnen von Gott und ihren Gegenspielerinnen verlassen vor der guten TeBe-Torhüterin Manuela Lütke auf — doch ein zählbarer Erfolg wollte partout nicht gelingen. Weil der Pokalwettbewerb bekanntlich seine eigenen Gesetze hat, spielt das Glück auch in Tempelhof verrückt. Zwei Chancen, die eigentlich keine waren, nutzten die Charlottenburgerinnen, um ihrer Favoritenstellung gerecht zu werden. Linksaußin Gabriele Görgens umrundete in der achten Spielminute geschickt zwei Zehlendorfer Kontrahentinnen und bugsierte den Ball im Gerd-Müller-Schlenzverfahren ins Hertha-Tor.

Keine halbe Stunde später erinnerte sich Sturmkollegin Susan Messinger an die raffinierte Finte ihrer Kollegin. Leider benutzte die rechte Angriffs-Borussin ihre Hand, um die Hertha-Verteidigung ins Leere laufen zu lassen. Die reklamierenden Rothemden wähnten das Fußballgesetz zwar zu Recht auf ihrer Seite, doch die Exekutive in Form des Schiedsrichters stellte sich blind. So hieß es 2:0 für Tennis Borussia, was zum erneuten Pokalgewinn reichte. Denn in der zweiten Halbzeit konnten die durchweg besseren Hertha-Frauen nur noch durch Regina Hampel (67.) zum 2:1 punkten.

Jubel bei den Borussinnen. In der bald beginnenden Bundesliga-Qualifikation wäre allerdings mit der am Samstag gezeigten Leistung kein Blumentopf zu gewinnen. Kaum zu glauben, daß woanders peinlicher mit dem Ball umgesprungen wird. Bleibt also doch nur die Oberliga Nordost? In der neugeschaffenen Sonderklasse dürfte sich wohl auch Tennis Borussia wiederfinden, wenn nicht doch noch ein spielerisches Wunder geschieht. Für die nordostdeutsche Etage unter dem gesamtdeutschen Oberhaus haben sich aus Berlin bereits Absteiger Neukölln, Lichterfelde sowie der 1. FC Union einen Platz gesichert. Die TeBe-Damen wären Berlins letzter Abgesandter.

Fünf auf einen Streich, ganz rechts außen auf der Fußballkarte Deutschlands? Es wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern, bis man im Rest des Landes endlich wieder vor Berliner Fußballfrauen zittern darf! Jürgen Schulz