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Südafrikas Polizei gegen weiße Farmer

■ Konflikt um schwarze Landbesetzungen eskalierte zur Schießerei zwischen Polizisten und weißen Faschisten/ Gewalt in Townships geht trotz Waffenverbots weiter/ Neues Ultimatum des ANC

Johannesburg (ap/afp) — Mit einem Rachefeldzug weißer Farmer und der Brandschatzung einer Armensiedlung bei Johannesburg hat die Gewalt in Südafrika am Wochenende ein neues Ausmaß erreicht. Rund zweitausend rechtsradikale weiße Farmer griffen am Samstag in der Nähe der südafrikanischen Stadt Ventersdorp, 150 Kilometer westlich von Johannesburg, zwei Camps schwarzer Landbesetzer an. Wie der Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, mitteilte, eröffnete die Polizei daraufhin das Feuer gegen die Weißen. Nach Angaben der örtlichen Polizei wurden dabei zwei Farmer von Schrotkugeln getroffen. Bei dem Überfall der Weißen auf das zweite Lager in Tshing wurden nach Polizeiangaben 14 Schwarze verletzt. Der Polizeisprecher bestritt jedoch die Aussage einer Siedlungsbewohnerin, fünf Menschen seien getötet worden. Nachdem Vlok zwei Stunden lang mit den Farmern in Tshing verhandelt hatte, zogen sie sich am Samstag abend zurück.

Die Weißen hatten sich nach Angaben der Polizei am frühen Morgen im 20 Kilometer von Ventersdorp entfernten Goedgevonden versammelt, um gegen die Landbesetzung der Schwarzen zu protestieren. Die Schwarzen hatten vor etwa vier Wochen damit begonnen, auf bisher von weißen Farmern genutztem Land Hütten zu bauen. Die Schwarzen wollen ihren Anspruch auf das Terrain geltend machen, von dem sie vor 13 Jahren wegen der damals herrschenden Apartheidgesetze vertrieben worden waren. Die weißen Farmer, die das Gelände seither als Viehweide genutzt hatten, waren daraufhin nach eigenen Angaben gezwungen worden, für ihre Tiere andere Weiden zu suchen. Ein Sprecher der neofaschistischen weißen „Afrikanischen Widerstandsbewegung“ (AWB), Con Stucki, sagte, dieser Zustand sei „absolut unannehmbar“.

Nach Berichten der Siedlungsbewohnerin fuhren am frühen Morgen zwei Kleinbusse mit weißen Farmern in Tshing vor, die Uniformen der AWB trugen. Die Weißen hätten auf die Bewohner der Siedlung geschossen und Hütten und Autos zerstört. An der Spitze der AWB steht der ultrarechte Eugene Terre Blanche, der in der Nähe von Ventersdorp selbst eine Farm besitzt. Die südafrikanische Nachrichtenagentur 'sapa‘ meldete, Vlok habe eine Fahrt durch die Townships bei Johannesburg unterbrochen, um mit den Farmern zu verhandeln. Der Minister habe sie überzeugt, die Urteile eines Gerichtsprozesses gegen die Landbesetzer abzuwarten, der am 16. Mai beginne.

Der Inkatha-Angriff vom Sonntag war einer der blutigsten Zwischenfälle der vergangenen Wochen. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, fielen etwa 1.000 Männer aus einem Arbeiterwohnheim von Kagiso bei Johannesburg aus unbekannten Gründen mit Speeren, Äxten und Keulen in die Armensiedlung ein, töteten 22 Bewohner und verletzten mehrere Dutzend. Außerdem setzten sie etwa 80 Hütten in Brand, bevor die Polizei eintraf und die Inkatha-Kämpfer in ihr Heim zurückbrachte.

Der ANC hatte die südafrikanische Regierung am vergangenen Freitag ultimativ aufgefordert, binnen einer Woche dafür zu sorgen, daß die Inkatha in der Öffentlichkeit keinerlei Waffen mehr trägt. Präsident de Klerk hatte nach einem Treffen mit Mandela das öffentliche Tragen gefährlicher Waffen in den Unruhegebieten untersagt. Die „traditionellen“ Speere der Inkatha- Kämpfer blieben jedoch davon ausgenommen.

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