Ägypten: Grundrechte bleiben eingeschränkt

■ Verlängerung des Ausnahmezustands durchgesetzt

Kairo (taz) — Das ägyptische Parlament hat am Freitag einer dreijährigen Verlängerung des Ausnahmezustands zugestimmt. Die Notstandsgesetze sind nun zehn Jahre, seit der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar el-Sadat im Oktober 1981, in Kraft. Sie geben dem ägyptischen Staat die Möglichkeit, in der Verfassung festgelegte Grundrechte, wie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, einzuschränken und seine Bürger ohne richterlichen Beschluß in Verwaltungshaft zu nehmen. Außerdem gibt das Gesetz dem Präsidenten das Recht, spezielle Staatssicherheitsberichte einzuberufen, in denen eine Revision des Urteils unmöglich ist. Ministerpräsident Atif Sidqi versprach vor dem Parlament, daß das Gesetz nur im engsten Rahmen und nicht gegen Andersdenkende eingesetzt werde. Begründet wurde die Verlängerung des Gesetzes vor allem mit der weiteren Bedrohung der Stabilität Ägyptens durch bewaffnete terroristische Akte und den sich immer mehr ausdehnenden Drogenhandel. Der Innenminister erklärte vor dem Parlament, daß das Gesetz nie gegen die Freiheit oder Demokratie, sondern nur zu deren Schutz eingesetzt werde.

Die ägyptische Opposition, die die letzten Wahlen boykottiert hatte und daher im Parlament nicht vertreten ist, hatte in den letzten Wochen eine Kampagne gegen den Ausnahmezustand gestartet. Er sei auch in den letzten zehn Jahren das falsche Mittel, um bewaffnete Aktionen oder den Drogenhandel zu verhindern. Vor allem während des Golfkriegs habe die Regierung bewiesen, daß sie das Gesetz gegen Kriegsgegner angewendet habe.

Beobachter glauben, daß die Regierung besonders auf Grund der schwierigen ökonomischen Situation am Gesetz festhält. Mit der bevorstehenden Unterzeichnung eines Abkommens mit dem IWF stehen den Ägyptern massive Preiserhöhungen — zum Teil um die Hälfte — ins Haus. Die vor kurzem erhöhten Benzin-, Strom- und Gaspreise sind ohnehin schon seit Tagen das Hauptthema der verärgerten Ägypter. Auch wenn der Präsident Gerüchte über Preissteigerungen bis zu 30 Prozent auf Grund einer neu eingeführten Verkaufssteuer zurückwies, werden Preisexplosionen auf allen Ebenen erwartet.

Präsident Mubarak sprach in seiner Rede zum 1. Mai von drei schwierigen Jahren, bis die wirtschaftliche Situation sich wieder verbessert habe. Er bat die Bevölkerung um Geduld. Karim el-Gawhary