: In Kuwait schimmert die Wüste grün
■ SPD-Delegation entsetzt über ökologische Folgeschäden
Bonn (dpa) — Deutsche Experten haben die Bekämpfung der anhaltenden Ölbrände in Kuwait, wo noch immer rund 650 Ölquellen brennen, als unzureichend kritisiert und wirksamere Hilfen auch der Bundesregierung gefordert. Entsetzt über das Ausmaß der Umweltkatastrophe äußerten sich am Montag in Bonn SPD- Abgeordnete nach einer einwöchigen Informationsreise in die Golfregion. Der frühere Frankfurter Feuerwehrchef und international renommierte Brandexperte, Prof. Ernst Achilles, erklärte, die kuwaitischen Behörden hätten die Situation nicht im Griff. „Die bürokratischen Hemmnisse sind viel zu groß“, kritisierte er im Süddeutschen Rundfunk nach Angaben des Senders. Auch bei den deutschen Ministerien könne man sich eine bessere Koordination vorstellen, meinte er.
Achilles, der die Abgeordneten begleitete, verwies darauf, daß ausschließlich US-Firmen zu günstigen Konditionen die Löschaufträge bekommen hätten. Sie seien aber gar nicht in der Lage, eine Katastrophe dieser Größenordnung zu bekämpfen. Pro Tag entstehe durch die Brände ein Schaden von 450 Milliarden Mark. Achilles wies darauf hin, daß die Sonneneinstrahlung durch die Rußwolken um 35 Prozent reduziert und die gesundheitliche Situation für Kleinkinder besonders kritisch sei, der SPD-Abgeordnete Michael Müller berichtete darüber hinaus von einem Rückgang der Temperatur um bis zu zwölf Grad Celsius im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Folge dieser Abkühlung sei, daß die Wüste einen „grünlichen Schimmer“ angenommen habe. Wirksamste Hilfe kann nach seiner Auffassung geleistet werden, wenn spezielle Löschfahrzeuge mit bis zu 100 Meter langen Auslegern entsandt würden, die jeweils bis zu 20.000 Liter Wasser mit speziellen Beimischungen direkt an die brennenden Ölquellen bringen könnten. Probleme bereiteten die riesigen Ölseen. Überlegungen, die Brände durch Sandsprengungen zuzuschütten, seien deshalb nicht realisierbar.
Wie ein Sprecher des Verkehrsministeriums in Bonn mitteilte, soll spätestens am Wochenende über eine Rückkehr des deutschen Ölbekämpfungsschiffes „Mellum“ entschieden werden. Das Schiff hat, unterstützt durch die Luftbeobachtung der beiden gleichfalls entsandten Überwachungsflugzeuge Dornier 28, vor Katar und Bahrein von den Irakern in das Meer abgelassenes Öl aufgenommen. Inzwischen sei dort ein Großteil des Öls verdunstet, so daß sich die Frage stelle, ob ein weiterer Einsatz des Schiffes sinnvoll sei.
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