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Kohls Ungeduld bescherte ihm den Eiertanz zu Halle

■ „Unter den rund 400 Kanzlerclaqueuren aus Halle seien einige gewesen, die mit eher finsteren Vorsätzen zum Rathausvorplatz gekommen wären“

Magdeburg. Die Eier und Farbbeutel, die am vergangenen Freitag beim Kanzlerbesuch in Halle flogen — und trafen — haben ein politisches Nachspiel. Bundeskanzler Helmut Kohl forderte vom Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts, Gerd Gies (CDU), einen Bericht über die Sicherheitsmaßnahmen in Halle an, der wiederum von seinem Innenminister Wolfgang Braun (CDU). Denn Braun ist zumindest politisch für die Vorkommnisse verantwortlich. Vor der Presse in Magdeburg nahmen Braun und die Spitze seiner Polizei jetzt zu dem Eklat Stellung.

Der Polizeieinsatz sei von der Menge her völlig ausreichend gewesen, sagte Braun. Allerdings habe es erst um 15.30 Uhr am Freitag erste vage Hinweise gegeben, daß unter den rund 400 Kanzlerclaqueuren aus Halle auch einige seien, die mit eher finsteren Vorsätzen zum Rathausvorplatz gekommen seien.

[Eher wohl farbige Vorsätze! d. säzzer] Und die Hinweise waren so unbestimmt, daß es rechtlich keine Handhabe gab, „schon im Vorfeld gegen die möglichen Störer vorzugehen“. Ein gravierendes Problem des Einsatzes sei es gewesen, daß die Sicherheitskräfte an der falschen Stelle auf ihren Schützling Kohl gewartet haben. Der konnte das Bad in der Menge offenbar nicht abwarten und ließ seinen Wagen 60 Meter vor der Stelle halten, die im Sicherheitsprotokoll vereinbart war. So jedenfalls stellen es Braun und sein Polizeiinspekteur Karl Lichtenberg dar. Ohne es direkt zu sagen, deuten sie damit an, daß Kohl für die Treffer zumindest mitverantwortlich ist. „Bei einer solchen Lage muß man nicht nur von den Schutzkräften erwarten können, daß sie die Vereinbarungen einhalten, sondern auch vom Schützling selbst“, so Volker Limburg, Chef des Landeskriminalamtes von Sachsen-Anhalt.

Da Kohl sich nicht daran gehalten habe, habe es eine kurze Zeit gedauert, bis die Polizisten umgelagert waren. „Und diese Zeit war eben eine gewisse schutzlose Frist für den Kanzler, die die Eierwerfer ausgenutzt haben.“

„Jetzt bei der Polizei Schuldige zu suchen, wäre ausgesprochen problematisch“, sagte Polizeiinspekteur Lichtenberg. Weder die Einsatzleiter noch einzelne Polizisten könnten für irgendwelche Fehler oder Unterlassungen verantwortlich gemacht werden. „Im Zweifelsfall höchstens die ganze Polizei.“

Innenminister Wolfgang Braun will aus dem Vorfall keine persönlichen Konsequenzen ziehen. Braun wörtlich: „Für einen Rücktritt des Ministers besteht kein Anlaß.“ Zu den Vorwürfen, daß auch eine private Sicherungstruppe aus ehemaligen Stasi-Mitarbeitern für die Sicherheit des Kanzlers gesorgt habe, äußerte sich Braun nicht. Er habe die Truppe nicht beauftragt, und weder dem Ministerium noch der Polizei sei bekannt gewesen, daß auch private Sicherheitskräfte beim Kanzlerbesuch mitmischten.

Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft von Sachsen-Anhalt will unter den Zivilisten, die die Eierwerfer schließlich abdrängten, ehemalige Stasi-Mitarbeiter gesehen haben, die jetzt für eine private Bonner Sicherungsfirma tätig seien. LKA- Chef Volker Limburg bestreitet das. „Die Demonstranten wurden ausschließlich durch unsere eigenen Kräfte in Zivil abgedrängt.“ Ob da vielleicht die eine oder andere Stasi- Vergangenheit sich beim Personenschutz des LKA eine neue Existenz aufbaut?

Die private Sicherungstruppe sei bloß von der Stadt Halle beauftragt worden, das Innere des Rathauses zu schützen und zu sichern, bekräftigten Braun und seine Polizeichefs zum Schluß noch einmal. Die Mitarbeiter der Firma seien auf dem Rathausvorplatz nicht tätig geworden. Die Stadt Halle hat ihrerseits bislang jede Stellungnahme zu diesen Vorwürfen abgelehnt. Eberhard Löblich

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