: CDU: Ganz schnell Luise statt Matern
■ CDU fordert weiter Sondergesetz zur Straßenumbenennung im Ostteil/ Falls Bezirke in vier Wochen nichts vorlegen, soll das Parlament im Schnellverfahren die »zentralen Straßen« rückbenennen
Schöneberg. Die regierende CDU fordert weiter ein Sondergesetz zur Straßenumbenennung im Ostteil der Stadt, um revisionistisch Tempo zu machen. Wie Fraktionschef Landowsky der taz sagte, solle die Umbenennung der »zentralen« Straßen durch eine »Ersatzzuständigkeit des Landesparlaments« geregelt werden. Die CDU werde dieses Gesetz einbrigen, falls die Ostbezirke nicht »innerhalb von vier Wochen alles in Bewegung setzen, um die Umbenennung voranzutreiben«, so Landowsky. Der Generalsekretär der Berliner CDU, Kierey, forderte gestern die »schnelle Wiedereinführung der historischen Namen der Straßen und Plätze«.
Bereits in der vergangenen Woche hatten sich die Christdemokraten dafür eingesetzt, den Bezirken die Zuständigkeit für Umbenennungen zu entziehen. Die Bezirke, so die CDU, kämen »nicht in die Pötte«, eine entsprechende Frist des Verkehrssenators zur Vorlage von Vorschlägen (10. Mai) sei verstrichen — tatsächlich haben bislang erst zwei Bezirke Listen eingereicht, drei kündigten dies an. Gegen ihre Entmachtung protestierten die Bezirke jedoch lautstark. Auch der CDU-Verkehrssenator Haase sowie die mitregierenden Sozialdemokraten wollten nichts von einer Änderung der Zuständigkeit wissen. Im Senat einigten sich die Partner schließlich darauf, den Bezirken eine neue Vorschlagsfrist zu setzen (1. Oktober) und die »Ausführungsbestimmungen« zum Straßengesetz zu erweitern.
Umbennungen soll es nun nicht nur bei Straßen geben, die nach »Wegbereitern und Verfechtern der nationalsozialistischen Ideologie und Gewaltherrschaft« benannt sind, sondern auch bei »Wegbereitern und Verfechtern der stalinistischen Gewaltherrschaft«. Diesem Zusatz muß allerdings noch der Rat der Bürgermeister zustimmen. Mit ihrer Forderung »im wesentlichen die früheren Namen« aufs Schild zu heben, dürfte es die CDU schwer haben. Viele der alten Namen sind bereits im Stadtbild vertreten, vom Gesetz her sollen Doppelbenennungen vermieden werden. Die Luisenstraße, die die CDU am liebsten statt Hermann-Matern-Straße hätte, gibt es dreimal als Straße und jeweils einmal als Weg, Platz und Hain. Die Berliner »Geschichtswerkstatt«, die die Matern- Straße lieber nach der jüdischen Ärztin und Intellektuellen Käte Frankenthal benannt hätte, kritisierte gestern den Roll-Back-Versuch. Früher sei das Argument »Doppelbenennung« vielfach gegen fortschrittliche Umbennungen im Westteil verwendet worden, weil es diese Namen im Ostteil schon gab. Statt unzähliger »Berliner-« und »Breite Straßen« solle es mehr Frauen auf Straßenschildern und ein »Schriftstellerviertel« geben. kotte
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