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Bessmertnych trifft Arafat in Genf

■ US-Außenminister Baker äußert sich in Amman optimistisch über Nahostkonferenz/ Israel weiter gegen UNO-Beteiligung/ 'New York Times‘ berichtet über US-Plan zur Abrüstung im Nahen Osten

Berlin (taz/afp/dpa) — Nach einer ursprünglich nicht vorgesehenen zweiten Gesprächsrunde mit der syrischen Regierung zum Abschluß seiner Nahostreise wurde der sowjetische Außenminister Bessmertnych gestern abend zu einem Treffen mit PLO-Chef Arafat in Genf erwartet. Zuvor gab es erste Anzeichen für einen möglichen Kompromiß über die Struktur von Nahost-Friedensverhandlungen. In Genf schloß man nicht aus, daß Bessmertnych versuchen werde, Arafat zum Verzicht der PLO auf Teilnahme zumindest an einer ersten Phase künftiger Nahost- Friedensverhandlungen zu bewegen.

US-Außenminister James Baker hat nach eigenen Worten im Bemühen um eine regionale Nahost-Friedenskonferenz wesentliche Fortschritte erzielt. Nach einem über drei Stunden dauernden Gespräch mit Jordaniens König Hussein sagte Baker am Dienstag in Amman, alle direkt in den arabisch-israelischen Konflikt verwickelten Parteien haben seiner Meinung nach einer Teilnahme an einer Konferenz für direkte Verhandlungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn sowie zwischen Israel und den Palästinensern unter Schirmherrschaft der USA und der Sowjetunion zugestimmt.

Baker räumte jedoch erneut ein, daß weiterhin einige Differenzen über die Rolle der Vereinten Nationen bei der Konferenz bestünden. Auf der Konferenz soll eine umfassende Friedensregelung für diese Region auf der Grundlage der UNO- Resolutionen 242 und 338 gefunden werden. Baker reiste zu Lande — über den Grenzfluß Jordan — nach Israel weiter, um dort während eines zweitägigen Aufenthaltes mit der israelischen Führung und Palästinenservertretern zu sprechen.

Noch gestern morgen hatten israelische Regierungspolitiker eine Teilnahme der UNO an einer Nahostkonferenz erneut strikt abgelehnt. Die Ablehnung einer UN-Teilnahme wurde mit deren „einseitiger“ Haltung und der Resolution der UNO- Vollversammlung von 1975 begründet, in der Zionismus als eine „Form des Rassismus“ verurteilt wurde.

Der israelische Außenminister David Levy nahm in Brüssel keine klare Haltung zu einer Beteiligung der EG an einer Friedenskonferenz für den Nahen Osten ein. Nach einem Treffen der EG-Außenminister mit Levy hieß es, er habe die direkte Antwort umgangen.

Die israelischen Vorstellungen wurden vor allem von Syrien entschieden zurückgewiesen. Überraschend begab sich Bessmertnych, der nach seinen gestern morgen beendeten Gesprächen mit der Regierung Saudi-Arabiens ursprünglich direkt von Riad nach Genf fliegen wollte, am Mittag noch einmal in die syrische Hauptstadt Damaskus. Vor der Abreise aus Riad äußerte er sich vorsichtig optimistisch. Trotz Schamirs harscher Erklärung vom Wochenende, Israel werde keinen Zoll der besetzten Gebiete zurückgeben, solle man „nicht die Geduld verlieren“, erklärte der sowjetische Außenminister.

Das Treffen Bessmertnych-Arafat wurde in Genf gestern als eine „Streicheleinheit“ für den seit der Golfkrise international weitgehend isolierten PLO-Chef gewertet. Wenn überhaupt, sei nur die UdSSR in der Lage, die PLO zu einem vorläufigen Verzicht auf die Teilnahme an Verhandlungen zu bewegen — mit dem Argument, daß nur dann eine Chance bestehe, diese Verhandlungen in Gang zu bekommen.

Die Vereinigten Staaten haben einem Bericht der 'New York Times‘ zufolge einen umfassenden Abrüstungsplan für den Nahen Osten, der auf arabischer und israelischer Seite einen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen vorsieht. Die Zeitung berichtete am Dienstag unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungskreise, nach den Vorstellungen der USA sollten die arabischen Staaten auf jegliche Chemiewaffen und Israel auf die Produktion des zur Herstellung von Atomwaffen nötigen Urans verzichten. Weiter sollten sich beide Seiten auf Raketen mit einer Reichweite von 145 Kilometern beschränken. Zehn Jahre nach Unterzeichnung eines Abkommens sollten alle chemischen Waffen im arabischen Raum zerstört sein. Israel müßte im Gegenzug seinen militärischen Atomreaktor bei Dimona internationaler Kontrolle zugänglich machen. Ein US-Sprecher dementierte gestern die Zeitungsmeldung.

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