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Christian Klar droht mit Aktionen

Im Prozeß gegen Susanne Albrecht kündigen die RAF-Mitglieder Klar und Mohnhaupt neue RAF-Aktionen an: „So lange wie bei Boock schauen wir nicht mehr zu“/ Neuer Hungerstreik?  ■ Aus Stammheim Erwin Single

Sie sind Kronzeugen gegen die Gefangenen. „Das letzte Ziel sind wir, die Gefangenen — das ist das Geschäft, damit die Stimmung heiß gehalten wird.“ Zu lang erwarteten Erklärungen nutzten Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar ihre gestrigen Auftritte im Stammheimer Prozeßbunker. Als Zeugen im Strafverfahren gegen die Spätheimkehrerin Susanne Albrecht geladen, rechneten die beiden RAF-Mitglieder mit dem Kronzeugen-Spektakel und dem „Heimkehrerkitsch“ der RAF-Aussteiger ab: „Ich hatte sie noch im Gedächtnis, wie sie weggegangen sind; ich dachte, sie werden sich verteidigen, sich und ihre Geschichte“, erklärte Brigitte Mohnhaupt, „geworden ist es ein Schlachtfest.“ Und weiter: „Es kann noch so eisenhart werden, wie es will —, hinterher werden wir da sein.“ Die Kronzeugenregelung werde keine neuen Aktionen der RAF verhindern.

Lediglich eine Viertelstunde hatte Brigitte Mohnhaupts Vorstellung gedauert, die jede Aussage zu den Aussteiger-Bekenntnissen verweigerte. Seit einem Jahr laufe ein inszenierter „Kronzeugenfilm“ ab, führte Mohnhaupt aus, faktisch seien die Aussteiger in der ehemaligen DDR „aus dem Lebenszusammenhang gerissen“ worden, jetzt würden sie als Konzeugen präsentiert. Die Maßnahmen gegen die Inhaftierten würden verstärkt, gegen diejenigen, „die nicht abschwören und nicht lebenslänglich haben“. „So lange wie bei Boock schauen wir nicht mehr zu“, drohte Mohnhaupt, „wir werden reagieren, aber nicht hier in diesen Prozessen oder in die Protokolle der Bundesanwaltschaft. Sollen sie ihren Deal doch machen, uns interessiert das nicht.“

Auch Christian Klar verlas eine kurze Erklärung: „Weil die politische Justiz damals zur Realzeit nicht zum Zuge gekommen ist, wird jetzt wegen unserer Rekrutierungsfehler eine Riege mit Kronzeugen inszeniert. Dafür wird in der Sache manipuliert in großem Ausmaß.“ Beispielsweise würden „die Denunziantenaussagen“ kurzerhand zu Geheimaussagen gemacht, die Rechtsanwälte der Gefangenen erhielten keine Akteneinsicht. Aber vor allem gäbe es „Manipulationen im Inhaltlichen“: Eigentlich müßten jedem Beobachter „zwei, drei Grundwidersprüche ins Gesicht springen“, aber wo „der Staatsschutz die Vorgaben“ mache, sei die „Denkfähigkeit deutscher Journalisten nach wie vor narkotisiert“. „Ich meine die grotesken Aussagen von Albrecht und schon vorher von Lotze, deren innere Widersprüche in diesem Reinigungsritual glatt weggewaschen werden.“ In den vom „Kronzeugengeschäft korrumpierten Prozessen“ werde er keine Aussage machen, erklärte Klar. Die Bundesanwaltschaft solle ruhig davon profitieren, das traurige Bild von Verrätern ausbeuten und so ihr Programm durchspielen. „Die Gefangenen werden danach sprechen, direkt zur Öffentlichkeit“, so kündigte Klar neue Aktionen an. Generalbundesanwalt von Stahl hatte bereits am Dienstag erklärt, er erwarte einen Hungerstreik der Inhaftierten.

Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar waren 1985 in Stammheim unter anderem wegen der Morde an Buback, Ponto und Schleyer zu je fünfmal lebenslänglich plus 15 Jahre verurteilt worden. Nach ihren gestrigen Aussageverweigerungen forderten die Anklagevertreter Erzwingungshaft für Mohnhaupt und Klar. Die Richter lehnten ab: Aus den „gerichtsbekannten Zeugen“ sei sowieso nichts herauszubringen.

Die für den Nachmittag geladenen RAF-Mitglieder Sieglinde Hofmann und Adelheid Schulz schwiegen sich ebenfalls aus. Vor „Staatsschutzzuhältern und Staatsschutzprostituierten“ würde sie nicht aussagen, erklärte Adelheid Schulz. Die ehemalige Krankenschwester war wegen Beteiligung am „Schleyer-Komplex“ und der Ermordung Pontos 1985 vom Düsseldorfer Oberlandesgerichts zu dreimal lebenslänglich verurteilt worden.

Sieglinde Hofmann hatte im Jahre 1982 vom hessischen Staatsschutzsenat eine Haftstrafe von 15 Jahren erhalten. Sie wurde von den Aussteigern erheblich belastet: So soll sie nicht nur an dem Anschlag auf die Karlsruher Bundesanwaltschaft beteiligt gewesen sein, sondern auch dem Kommando des mißglückten Attentats auf Alexander Haig angehört haben.

Die Angeklagte Susanne Albrecht erklärte nach den Auftritten, ihr seien keine Versprechungen der Bundesanwaltschaft gemacht worden, sie habe mit ihren Aussagen nicht nur zur persönlichen, sondern auch zur gesellschaftlichen Aufarbeitung des RAF-Komplexes beitragen wollen. Sie wolle zudem am Mythos RAF rütteln, den sie dem Wesen nach mit dem Stalinismus vergleicht; es sei an der Zeit, „Mut und Aufrichtigkeit zu zeigen, um nach 20 Jahren das Scheitern der RAF einzugestehen“.

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