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Transparenz im Finanzdschungel

■ Finanzdienstleistung ist ein Geschäftsbereich, der den Endverbrauchern die günstigste Anlagemöglichkeit fürs sauer verdiente Geld vermittelt. Doch die Seriösität so mancher Anbieter läßt gerade in den...

Finanzdienstleistung ist ein Geschäftsbereich, der den Endverbrauchern die günstigste Anlagemöglichkeit fürs sauer verdiente Geld vermittelt.

Doch die Seriosität so mancher Anbieter läßt gerade in den neuen Bundesländern mehr als zu wünschen übrig.

Von CARSTEN LUCHT

I

n den alten Bundesländern haben die Bürger immer mehr Geld angehäuft. Zur Zeit beträgt das Geldvermögen der privaten Haushalte fast 3.000 Milliarden Mark. Dazu kommen noch Sachwerte in Form von zum Beispiel Immobilien von mehr als 8.000 Milliarden Mark. Diese unvorstellbar großen Summen wurden von der Nachkriegsgeneration zusammengespart. Die folgenden Jahre werden bestimmt sein von dem Übergang dieser Gelder auf die Erbengeneration. So werden bis zum Jahre 2000 mehr als 800 Milliarden Mark Bargeld vererbt werden. Zusätzlich werden aus Lebensversicherungen rund 360 Milliarden ausgezahlt. Da die Deutschen außerdem fleißig weitersparen werden, steigt das Geldvermögen jährlich um rund 140 Milliarden Mark.

Bisher haben die Deutschen ihre Ersparnisse hauptsächlich bei Banken deponiert: Im Jahr 1988 waren fast 50 Prozent aller Geldanlagen auf Sparbüchern angelegt, 20 Prozent in überwiegend festverzinslichen Wertpapieren und 15 Prozent bei Lebensversicherungen. Weitere 18 Prozent verteilten sich auf Bausparverträge, betriebliche Pensionskassen und andere Anlageformen.

Diese bisher nicht optimal angelegten Gelder werden, da sich das stark konservative Sparverhalten in der Zukunft radikal verändern wird, alternative Anlageformen suchen. Dies hat mehrere Gründe:

1.Die neu entstehende Erbengeneration hat ein völlig anderes Verhältnis zum ererbten Geld als die Erblasser. Zum einen haben sie nicht das extrem starke Sicherheitsbedürfnis der Nachkriegsgeneration. Zum anderen benötigt sie das ererbte Geld nicht für den eigenen Lebensunterhalt. Und zum dritten ist sie — bedingt durch bessere Informationen — wesentlich renditebewußter.

2.Der Wettbewerb zwischen den einzelnen Finanzdienstleistungen und deren Anbieter um den privaten Kunden wird sich erheblich verschärfen.

3.Die Anforderungen der Kunden an die Finanzdienstleister und an dessen Beratungsqualität wachsen.

Daraus folgt, daß sich der Finanzdienstleistungsmarkt immer mehr vom Produktwettbewerb zum Beratungswettbewerb entwickelt.

Die Gründung von sogenannten Allfinanz-Konzernen oder -gesellschaften fußt zwar auf der Erkenntnis, daß viele Anleger bislang nicht genau wußten, was sie da eigentlich gekauft hatten, ist aber — von nahem gesehen — Augenwischerei. Nicht Bewußtseinsänderung, sondern lediglich der Wunsch nach Verbreiterung der Produktpalette und damit höhere Verkaufserfolge stand hier im Vordergrund. Es werden nach wie vor möglichst ausschließlich Produkte einer Firmengruppe angeboten. Diese Allfinanz-Konzeption ist beim kritischen und informierten Kunden wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Scheitern verurteilt. Meistens steht auch hier die Rangfolge Produkt-Vertrieb- Kunde im Mittelpunkt.

Bei kundenorientierten Vorgehen muß die Reihenfolge aber anders aussehen:

1.Am Anfang steht die Ermittlung des Bedarfs einer Zielgruppe.

2.Der Vertrieb erarbeitet die Problemlösung für diese Zielgruppe.

3.Die neu entstehenden Produkte sind Bausteine für die Problemlösung beim Kunden.

Qualifizierte Beratung, das ist für jeden Verbraucher einsehbar, hat aber auch ihren Preis. Hier kann der verantwortungsbewußte und verbraucherorientierte Vermittler von Finanzdienstleistungen keine Kompromisse eingehen und muß klare Prioritäten setzen:

— weitgehende Selbstbedienung durch den Kunden bei den einfachen Bank- und Versicherungsprodukten;

— individuelle hochqualifizierte Beratung bei der Absicherung der existentiellen Risiken wie Krankheit, Tod oder Berufsunfähigkeit sowie der Vermögensplanung und Altersversorgung.

Allerdings setzt diese Art der Finanzdienstleistungs-Beratung eine erhöhte Qualifikation, Kompetenz und Verantwortung beim Berater voraus.

Im Bundesverband Finanzdienstleistungen e.V., der seit 1985 besteht, haben sich produkt- und firmenunabhängige Finanzdienstleister zusammengeschlossen, um entsprechend kundenorientiert zu arbeiten. Umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, überwiegend für Verbandsmitglieder, führten zu einer Qualifizierung und auch Verbesserung des Ansehens des Berufsstandes des unabhängigen Vermittlers von Finanzdienstleistungen in der Öffentlichkeit. Mit der Öffnung der Mauer, der Wirtschafts- und Währungsunion wurden diese jahrelangen Bemühungen jedoch innerhalb weniger Monate zunichte gemacht.

Immer mehr Versicherungsgesellschaften, Vertriebsgesellschaften und Einzelpersonen entdeckten die neuen Bundesbürger als Kunden für vorwiegend unseriöse, zu teure oder unnötige Produkte. Rechtlich und/oder finanziell von institutionellen Anbietern abhängige Gesellschaften und Vermittler haben das zum Teil blinde Vertrauen der neuen Bundesbürger brutal und rücksichtslos zum schnellen Geschäft mißbraucht. Besonders negativ aufgefallen sind hier die großen Versicherungsgesellschaften und ihre Sonderorganisationen. Die teilweise miesen Verkaufsmethoden hätten durchaus durch klare Annahmerichtlinien der zuständigen Vorstände korrigiert werden können. Der Eindruck einer unheiligen Allianz fast aller Versicherungsgesellschaften im Rennen um Marktanteile in den neuen Bundesländern drängt sich hier auf.

Zu stoppen ist die Goldgräbermentalität der unseriösen Vermittler und der damit verbundene Vermögensverlust der neuen Bundesbürger nur dadurch, daß eine möglichst große Markttransparenz auf dem Finanzdienstleistungssektor hergestellt wird. Das kann nur durch eine möglichst schnelle und unabhängige Ausbildung der in den neuen Bundesländern bereits tätigen Vermittler geschehen. Da sie in aller Regel nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissenheit ihre Kunden falsch beraten, ist an dieser Stelle der Hebel anzusetzen.

Sicher ist, daß die Bürger aus den neuen Bundesländern hohen Beratungsbedarf haben und daß die Vermittler, die jetzt sauber und korrekt beraten, den Grundstein für jahrzehntelange, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kunden und Vermittlern jetzt legen können.

Der Autor ist Geschäftsführer des Bundesverbandes Finanzdienstleistungen e.V., Budapester Str. 39, 1 Berlin 30.

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