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Anschub für gute Ideen

■ Wer ein Unternehmen gründen will, braucht Geld. Doch Kreditunternehmen zieren sich, wenn keine Sicherheitsne vorhanden sind. Die Bürhschaftsbank hilft - allerdings nach eingehender Prüfung

Wer ein Unternehmen gründen will, braucht Geld. Doch Kreditunternehmen zieren sich, wenn keine Sicherheiten vorhanden sind. Die Bürgschaftsbank hilft — allerdings nach eingehender Prüfung.

Von CHRISTINE BERGER

S

ie haben eine ausgezeichnete Idee, wie sie sich selbständig machen können oder wie sie Ihr Geschäft — falls Sie schon eines besitzen — erweitern können. Alles, was Ihnen zum Erfolg noch fehlt, ist das dafür nötige Geld. Den Kredit bekommen Sie jedoch nur, wenn Sie bereits Erfolg haben, sprich: Sicherheiten aufweisen können.“ Ein Teufelskreis für den innovativen Unternehmergeist — wäre da nicht ein altes neues Finanzprojekt, das den biederbürgerlichen Namen „Berliner Bürgschaftsbank“ trägt und als Genossenschaft den profitorientierten Gebräuchen der alteingesessenen Banken mit alternativen Finanzierungsmodellen Paroli bietet.

„Der Teufelskreis. Wir machen Schluß damit.“ Ein Slogan, der bei der Bürgschaftsbank ein Ziel erster Güte formuliert. 1988 als Spezialbank mit einem Eigenkapital von einer Million Mark gegründet, wollen die zehn Mitarbeiter besonders kleinen und mittleren Berliner Betrieben den Start in die Marktwirtschaft ermöglichen. „Wer eine Bürgschaft braucht, wendet sich direkt an uns. Und nicht wie bei anderen Berliner Bürgschaftsinstituten über die Hausbank“, heißt es in der fünfseitigen Info-Broschüre. Und damit ist auch schon fast alles über die Arbeitsweise der Bank gesagt. Für einen Kredit übernimmt sie die Bürgschaft, wenn wegen mangelnder Sicherheiten ein Unternehmer von einer Bank kein Geld bekommt.

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nders als bei den herkömmlichen Kreditgarantiegemeinschaften ist allerdings die Betreuung der Kunden vor und nach der Kreditaufnahme. „Den meisten Bürgschaftsinstituten ist es doch völlig egal, ob ihre Kunden gleich wieder Pleite gehen“, weiß Jörg König von der Berliner Bürgschaftsbank. Bei seinem Unternehmen dagegen wird Beratung ganz großgeschrieben. Ein Beispiel: Zwei junge Berliner Unternehmer haben die Idee zur Herausgabe eines wöchentlichen Fachmagazins. Eine Bürgschaftssachbearbeiterin hilft den beiden, das Unternehmenskonzept zu konkretisieren und das Antragsformular für die Vergabe einer Bürgschaft auszufüllen. Die sogenannte „Patin“ erstellt dann ein Finanzierungsgutachten, das vom Vorstand der Bürgschaftsbank befürwortet wird. Beim Gespräch mit der Hausbank, wo der Kredit aufgenommen werden soll, werden die beiden Unternehmer von ihrer Sachbearbeiterin begleitet, die dafür sorgt, daß sie die günstigste Finanzierung bekommen. Nach Eröffnung des Unternehmens werden die Unternehmer weiterhin betreut, eine Jahresabschlußkontrolle ist verpflichtend. „Auf diese Weise können wir frühzeitig erkennen, weshalb ein Betrieb schlecht läuft, und eine Pleite verhindern“, umreißt König die Absicht der umfassenden Beratungstätigkeit der Bürgschaftsbank. Nur wenn die Geschäftsentwicklung eines Unternehmens mit Sachverstand analysiert werden kann — so die Philosophie der Bürgschaftsbank — ist es möglich, die Wurzel des ökonomischen Übels zu finden. Soviel fürsorgliches Denken hat natürlich auch seinen Preis, wenn auch die Bürgschaftsbank damit nur ihren Sach- und Personalaufwand deckt. Jeder Kunde muß ein einmaliges Entgeld in Höhe von einem Prozent auf den verbürgten Kreditbetrag sowie einen jährlichen Betrag in Höhe von einem Prozent vom jeweiligen Bürgschaftsbetrag hinblättern. Bei einem Kredit von 100.000 Mark zahlt eine Unternehmerin also eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 1.000 Mark und als Provision 800 Mark pro Jahr an die Berliner Bürgschaftsbank.

„Natürlich sagen wir auch ganz offen, wenn wir für ein Projekt keine Chancen sehen“, erklärt Banker König. Nicht nur die Wirtschaftstüchtigkeit einer Geschäftsidee spielt dabei eine Rolle, sondern auch die persönliche Kompetenz des Kunden, als Geschäftsmensch aufzutreten. „Schon die Art und Weise, wie bei uns jemand vorspricht, reicht manchmal, um zu sehen, ob jemand fähig ist, einen Betrieb zu managen, oder nicht.“ Formale Kriterien, nach denen die sogenannte „Bürgschaftswürdigkeit“ anerkannt wird, gibt es bei der Bürgschaftsbank allerdings nicht. „Das ist dann schon eher ein subjektiver Eindruck, der auf unserer Erfahrung mit Unternehmern gründet“, erklärt König. Seinem Traumkunden, dem professionellen Kleinunternehmer, begegnet er leider ziemlich selten. „Die meisten vergessen vor lauter Betrieb die Verwaltungsarbeit, Buchführung und so weiter.“ Der Überblick bei den Zahlenkolonnen ist aber existentiell, weshalb die Bürgschaftsbank ihren Kunden immer mal wieder in die Bücher schaut und den Schlampern gegebenenfalls den nötigen Denkanstoß zur Selbstkontrolle gibt.

„Gegründet wurde die Bürgschaftsbank zuerst als Initiative für selbstverwaltete Projekte“, erklärt der Banker und gelernte Soziologe König. „Aber nur mit selbstverwalteten Projekten als Kunden hätten wir schon lange dichtmachen können“, verrät er. Seine Erklärung: „Es gibt einfach zu wenige davon.“ Deshalb bediente das Projekt von Anfang an auch Kunden mit konventionellen Betriebsideen. Handwerker, die sich selbständig machen wollen, sind bei der Bürgschaftsbank genauso willkommen wie Unternehmer mit Erfindergeist. „Einem Geschäft für Männerunterhosen, einem Frauenhotel und einem Laden mit Hutmode nur für Frauen haben wir auf die Sprünge geholfen“, nennt König die Exoten der Bürgschaftsbank-Klientel. Das Gros der Kunden kommt seit einem Jahr vor allem aus dem Ostteil Berlins. „Bekleidungsbetriebe und Ein-Mann-Fuhrunternehmen sind im Osten momentan die Renner.“ Geschäfte dieser Branchen sprießen neben neueröffneten Kneipen, EDV- und Handwerksbetrieben wie Pilze aus dem Boden. „Die Ostler sind unglaublich wißbegierig“, glaubt König. Anhaltspunkt für diesen Eindruck ist der Besuch der Fortbildungsseminare, die das Tochterunternehmen der Bürgschaftsbank „Ökonom“ anbietet. 80 Prozent der Kurse zu Themen wie Marketing, Buchführung oder Betriebswirtschaft werden von Ostberlinern wahrgenommen.

„Die beste Sicherheit ist für uns eine gute Idee“, verheißt der Titel der Info-Broschüre. Know-how im Dschungel der Marktwirtschaft ist jedoch auch der Bürgschaftsbank noch immer die liebste Sicherheit.

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