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Der große Bluff

■ In Las Vegas wurde der weltbeste Zocker ausgepokert

Um bei der Weltmeisterschaft im Pokern mitzubluffen, braucht man mehr als ein verruchtes Pokerface. Brad Daughterty aus Sparks in Nevada ist zwar ausgestattet mit gar wunderbaren Bluffer-Gesichtszügen, allein es fehlte ihm das nötige Kleingeld: 10.000 Dollar betrug in Las Vegas die Mitspielgebühr zur Poker-Weltmeisterschaft. Doch Herr Daugherty war verstockt: Um jeden Preis wolle er mitzocken. Gnadenlos bequatschte er halb Vegas und pries derart hemmungslos sein Kartentalent an, bis sich fünf Minuten vor Spielbeginn ein Bekannter lieber das Geld zur Verfügung stellte, als sich weiter anschnorren zu lassen. Bereuen mußte es der edle Spender nicht: Der 39jährige Daugherty wurde Poker-Weltmeister und um eine Million Dollar reicher.

Und zu Recht, denn der Zockerkönig riskierte alles. Mehr als einmal stand er vor dem Konkurs. Fast völlig blank, setzte er kaltblütig seine letzten Kröten auf absolute Nullblätter. „Ich gebe nicht auf, bis ich pleite bin“, sprach das Spielerfieber aus dem Pokermund. „Ich versuchte bloß ein Spiel zu finden, bei dem ich verdoppeln konnte und es funktionierte.“

Dabei war Tom Holt, ein 64jähriger Pensionär aus Arizona, schon siegesgewiß. Er hatte das Endspiel in dem verräucherten Kartenzimmer mit 1,2 Millionen Dollar der 2,15 Millionen begonnen, die im Spiel waren. In wenigen Spielen steigerte er seine Gewinne auf 1,9 Millionen, was Daugherty nur noch magere 215.000 Dollar ließ. Doch der Wahnsinnige riskierte die ganze Summe im nächsten Spiel — und gewann. In nur wenigen Minuten machte er Holt fertig: Er erhöhte um 429.000 Dollar und gewann den 1,1-Millionen-Pott — mit einem Zehnerpaar und einem As gegen das Zehnerpaar des verzweifelten Holts, der nur einen König hielt.

„Das war der Wendepunkt“, klagte Holt hinterher. „Eigentlich war Daugherty hinüber, aber ich habe ihn wieder ins Spiel gelassen.“ Wenige Spiele später war die Reihe an Holt, seine 755.000 Dollar auf den Tisch zu legen. Alles was er brauchte, waren eine Zehn oder Sechs, um den Straight zu vollenden. Aber die kamen nicht. Daugherty war Weltmeister, Holt erhielt den Trostpreis von 402.000 Dollar. miß (ap/taz)

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