: »Nicht nur Kommerz in der City«
■ Grüne Liga fordert öffentliche Ausschreibung für Grünzug auf dem Mauerstreifen/ Appell an den Senat, bereits bestehende Konzepte von Künstlern und Bürgerinitiativen zu berücksichtigen
Berlin. »Der Todesstreifen soll zum grünen Lebensbereich für die BerlinerInnen werden.« Die Grüne Liga, Netzwerk ökologischer Bewegungen, forderte gestern den Senat auf, die Gestaltung des Mauerstreifens öffentlich auszuschreiben unter Brücksichtigung der bisher von Bürgerinitiativen, Künstlergruppen und Grüne-Liga-Gruppen entwickelten Konzepte. »Im Innenstadtbereich darf nicht nur der Kommerz regieren, sondern die Lebensqualität der Menschen soll verbessert werden«, begründete Sprecherin Mareile Löber die Initiative.
Ein grünes Netz für Berlin und die Umwandlung des Grenzstreifens in einen Mauerpark bezeichnete Frank Welskop, Verkehrsökologe und bei der Grünen Liga für Verkehrsentwicklung zuständig, als existentielle Notwendigkeit für die Stadt. Dieser drohe als künftige Wachstumsmetropole eine zunehmende Trennung von Arbeit und Wohnen sowie die weitere Entfernung der Naherholungsgebiete vom Zentrum.
Das bedeute konkret mehr Pendler, mehr Luftverschmutzung, mehr Verkehr und mehr Straßenbau. Dem könne nur durch bewußte Stadtplanung, die die ökologischen Belange berücksichtige, entgegengewirkt werden. »Jeglicher Versuch, innerstädtisches Grün und grünes Umland zu vernachlässigen und damit auch die Ignoranz dem Projekt des Mauerparks gegenüber leitet direkt eine Fehlentwicklung der Stadt ein«, erklärte Welskop.
Für den 48 Kilometer langen und zwischen 30 und 300 Meter breiten Streifen haben die in der Grünen Liga vertretenen Bürgerinitiativen bereits umfassende Konzepte erarbeitet. Bestehende Biotope sollen geschützt, Grünanlagen vernetzt , Park- und Grünanlagen geschaffen werden. Die Spree soll an allen Stellen zugänglich gemacht werden. In Planung sind außerdem zwei weitere Kinderbauernhöfe im ehemaligen Mauerstreifen.
Einige Projekte haben dabei gute Realisierungschancen. Für den Prenzlauer Berg zum Beispiel haben die kommunalen Behörden bereits einem konkreten Entwurf für einen 10 Hektar großen Park zugestimmt. Auf dem mit Tälern und kleinen Hügeln neu strukturierten Gelände soll neben Wald- und Wiesenflächen ein Kinderbauernhof integriert werden. In der finanzkräftigen Allianz-Stiftung hat die Initiative auch schon einen Sponsor gefunden und für die Errichtung des Kinderbauernhofes hat der Bezirk zwei ABM-Stellen eingerichtet. Ein Senatsbeschluß steht allerdings noch aus.
Jedoch gefährden geplante Straßen, Autobahnen oder Straßenbahnen die vorgesehene Vernetzung. Die Planungen für Olympia und Vorabsprachen für neue Bürohäuser bedrohen manchen Grünzug. Auch mit Altlasten wie zwischen dem Treptower Park und dem Britzer Zwei-Kanal haben die UmweltschützerInnen zu kämpfen. »Vor allem aber müssen wir das Gesamtprojekt im Auge behalten«, warnt Mareile Löbers. Da sich der Senat noch nicht zu einem Gesamtkonzept durchringen konnte, steht der für die klimatische Durchlüftung der Stadt so wichtige zusammenhängende Grüngürtel auf dem Spiel. cor
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