: Streit um Zukunft der Humboldt-Uni
■ Akademischer Senat der Humboldt-Universität einigte sich gestern über ein Strukturpapier zur Zukunft der Hochschule/ Positionen unterscheiden sich erheblich von denen des Senats
Mitte. Die Humboldt-Universität protestierte gestern erneut gegen ihr bekannt gewordene Pläne der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung. Darin werden der Universität Vorgaben zur Studenten- und Stellenplanung gemacht, die stark von den Vorschlägen der »Zentralen Personalstrukturkommission« (ZPSK) der HUB abweichen. Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) will nur rund 4.300 Immatrikulationen jährlich zulassen. Die Universität dagegen hält diese Zahl angesichts der Ausbildungssituation insbesondere in den neuen Ländern für nicht angemessen. Denn sie liege noch unter den Neuaufnahmen des Wintersemesters 1990, heißt es in einer Erklärung des Akademischen Senats der HUB, und verkenne die zu erwartenden Trends.
Nach den Thesen der ZPSK, die gestern nach hochschulinternen Auseinandersetzungen noch einmal im Akademischen Senat diskutiert wurden, sollen jährlich etwa 6.200 Studenten immatrikuliert werden. Das zielt auf eine Gesamtstudentenzahl von rund 28.000. Mit dem gestrigen Vorschlag hatte die Kommission auf harsche Kritik im Akademischen Senat reagiert und ihre Thesen kurzfristig überarbeitet. Letzte Woche wollte die Kommission noch die Studentenzahl unverändert bei derzeit 21.000 belassen, woraufhin jedoch der Akademische Senat einen anderen Beschluß faßte: Die Humboldt- Universität verschließe sich nicht den wachsenden Studentenzahlen. Dies jedoch findet anscheinend keine Zustimmung bei Senator Erhardt. Der CDU-Politiker plant, die im Westen geltenden Kapazitätsverordnungen für den Ostteil der Stadt außer Kraft zu setzen (die taz berichtete).
Ebenfalls erhebliche Differenzen zwischen Universität und Wissenschaftsverwaltung gibt es bei den Stellenplanungen. Senator Erhardt will 4.350 Personalstellen, der Akademische Senat nach Vorlage der ZPSK 6.200. Gleichzeitig legte die Kommission ihre Vorstellungen zum Abbau des Personals vor. Bis 1995 soll die Zahl der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen um zehn bis 15 Prozent reduziert werden. Im Jahr 2000 sollen noch rund 1.600 Stellen bestehen. Das Verhältnis zwischen unbefristeten und befristeten Stellen soll von derzeit 80:20 auf 50:50 verändert werden. Insgesamt geht die ZPSK davon aus, daß aufgrund des hohen Durchschnittsalters der WissenschaftlerInnen die »personelle Erneuerung und Durchmischung des Hochschullehrerbestandes allein aus der altersstrukturellen Entwicklung heraus erfolgen kann«.
Auch die Vorstellungen von Hochschule und Senatsverwaltung über den HUB-Haushalt klaffen erheblich auseinander. Für Personalmittel (341 Millionen Mark) und Investitionen (52 Millionen Mark) will der Senat jeweils 17 Millionen weniger veranschlagen. Heute treffen die Vertreter der HUB und des Senates in der sogenannten Sechserkommission aufeinander. Der Vorsitzende der ZPSK, Bernd Blank, bezeichnete das Strukturpapier als »Verhandlungsbasis«, von der aus man hofft, mit der Regierung über die Zukunft der Humboldt-Universität weiter diskutieren zu können. anbau
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