Die „Marxistische Gruppe“ ist tot

■ Es lebe der Kommunismus/ MG beugt sich der „Kriminalisierung“ durch die Staatsgewalt

Berlin (taz) — Wer kennt ihn nicht, den platten Spruch von den „Kosten der Freiheit“, mit dem die in München ansässige Marxistische Gruppe ihre Monatshefte vertreibt oder zu den diversen „Teach In“ einlädt. Er wird uns fehlen, der Spruch, denn „ab sofort“ gibt es sie nicht mehr, die Marxistische Gruppe des Dr. Herbert Ludwig Fertl. Sie hat sich zum 20. Mai selbst aufgelöst. Die neueste und zugleich letzte 'Marxistische Studentenzeitung‘ wird davon künden. Sie erscheint am 24. Mai.

Wer nun glaubt, das Scheitern des realen Sozialismus oder die Umbrüche im Osten Europas hätten das Aus der allseits bekannten ebenso diskussionswütigen wie dogmatischen universitären Kader bewirkt, wird von der „Erklärung“ der MG entäuscht werden. „Nein, wir nehmen nichts zurück von der kommunistischen Kritik, die wir verbreitet und immer vertreten haben“, heißt es da. Die Autoren können im „Tod“ des Kommunismus auch kein „Gottesurteil über Ideenwelten“ erkennen, in alter Manier handelt es sich vielmehr nur um einen „Erfolg der überlegenen Ausbeutungs- und Gewaltmaschinerie der Freien Welt“.

Der Grund für das Ende der MG ist vergleichsweise profan: Es sind „die Angriffe des demokratischen Staates und seiner Sicherheitsbehörden auf unsere Organisation und die berufliche Existenz der Befürworter unserer Sache“. Dadurch sei man genötigt, die Marxistische Gruppe „aufzulösen“. Leuten, „die unseren Standpunkt teilten“ und die kommunistische Kritik für richtig erachteten, gestehe der Rechtsstaat eine Meinungsfreiheit nicht zu. So würde die Theorie der MG kriminalisiert, deren Befürworter durch das gezielte Treiben der Sicherheitsbehörden in ihren beruflichen Existenzen vernichtet: „Das ist geübte Praxis und erklärte Strategie der bundesdeutschen Staatsgewalt.“ Und: Der staatlichen Fahndung auch noch Märtyrer anzubieten, „ist uns zu blöd“. Wolfgang Gast