: Standbild: Sightseeing in Kuwait
■ "Die Reportage", ZDF, Dienstag, 19.30 Uhr
Die einzigen, die ein wenig Spaß an dem brennenden Inferno von Kuwait haben, sind die Löschtrupps. Abends, wenn drei oder vier Quellen gelöscht und verstopft sind, wenn es ölverschmiert unter die Dusche geht, steigt die Stimmung bei den Männern von „Safety Boss“, der Lösch-Crew aus Kanada. Der Kampf gegen Saddams Umweltkrieg ist für sie auch ein spannendes Abenteuer, mit dem sich gut verdienen läßt. Für alle anderen sind die zerstörten Ölfelder von Kuwait eine Katastrophe. Die Kuwaitis stehen vor einem stinkenden, von Rauchtürmen verfinsterten Trümmerhaufen. Das größte Aufbauprogramm seit dem Zweiten Weltkrieg mit einem dreistelligen Milliardenbetrag wird nötig sein, um das befreite Scheichtum wieder instand zu setzen. Es wird Jahre, vielleicht ein Jahrzehnt dauern. Bis dahin mag es den Einwohner ähnlich gehen wie jener Echse, die, von der Kamera eingefangen, heimatlos und seltsam verwirrt nach Wasser sucht.
Asthmatiker können das Haus nicht verlassen, Kinder spielen vor schwarzen Wolken. „Alles ist kaputt“, sagt der Schafhirte und langt sich an den Kopf, „auch die Vernunft ist kaputt, denn wenn es sie gäbe, wäre das hier nicht passiert.“ „Das hier“ sind Ölströme, die sich durch kuwaitischen Sand wälzen.
Der Film von Volker Angres hat ein großes Mißverständnis aufgeklärt: Das Hauptproblem sind nicht die brennenden, sondern die sprudelnden Ölquellen, nicht das Löschen, sondern das Verstopfen. Innerhalb von 20 Sekunden haben die Männer von Mike Miller eine mittlere Ölquelle trotz mehrerer Backflashs gelöscht. Das Verstopfen dauert Stunden. Ein zusammengerührter Spezialmatsch, Wasser und Zement, muß mit Hochdruck in die Ölleitungen gedrückt werden — das ist die Rezeptur, um das Leben in Kuwait wiederherzustellen.
Nach dem Film wissen wir vor allem, wie wenig wir noch immer über die Katastrophe wissen. Es gibt keine Messungen der Luftverschmutzung, keine Gesundheitsdaten, keine ökologischen Folgeabschätzungen. Die Meßlabors der Universitäten sind von Saddams Truppen ebenso zerstört worden wie alles andere. Wissenschaft ist nicht mehr möglich, allenfalls Fingertest und Schnüffelprobe. Wie ein Pingiun in der Wüste kreuzt in dieser Situation das deutsche Forschungsschiff Mellum im Golf. Das Öl, das sie suchen, ist längst auf den Meeresgrund abgesunken, oder es sprudelt an Land mit täglich 10 Millionen Barrels aus den Quellen.
Die eindrucksvollen Bilder aus Kuwait haben erneut die verheerenden Folgen dieses Krieges vorgeführt. Das Scheichtum konnte nur um den Preis seiner weitgehenden Zerstörung befreit werden. In ihren dienstfreien Stunden besuchen gelegentlich einige US-Soldaten bei einem Sightseeing der Sieger die Stätten ihrer erfolgreichen Schlacht. Ausgebrannte Laster mit Sonnenfinsternis im Wüstensand: das war ihr Sieg. Manfred Kriener
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