: Feigheitspunkte in der Hochburg
■ Die deutschen Basketballer bewiesen schon am ersten Tag des Dortmunder Supercups durch eine gar zu ängstliche 70:80-Niederlage gegen die UdSSR eindrucksvoll ihre internationale Ungefährlichkeit
Dortmund (taz) — Peinlich. Aber aufmerksam, daß der Deutsche Basketball-Bund der berichterstattenden Meute Aschenbecher auf die Tische stellt. So kann man, wenn einen die Spannung gepackt hat, ungehindert zum Glimmstengel greifen. Schade nur, daß in der Brauerstadt Dortmund kein Basket voller Bier zum PR-Angebot gehört. Und dazu zwei Pantöffelchen für jeden der knapp 3.000 auf kommoden Sesseln sich bettenden Zuschauer. Dann nämlich wäre die Familienidylle perfekt, gemütlich wie im Kegelklub geht es am ersten Tag zu: Die Halle ist nur zu einem Fünftel gefüllt, mehrheitlich von Freikartenempfängern.
„Der Mai ist gekommen, und mit ihm zm vierten Mal der Basketball- Supercup nach Dortmund“, hebt jetzt der Hallensprecher an, „zurecht findet dieses bedeutende europäische Turnier in dieser Basketballhochburg statt.“ In der Hochburg, einer umgebauten Radsporthalle, werden nur fünf Nationalmannschaften an den fünf Turniertagen um den Sieg ringen, der Cup-Sieger erhält 50.000 Mark.
Ursprünglich hatten ja sechs Teams zugesagt. Doch die Griechen haben sich in letzter Miute wegen „interner Probleme“ vor der Teilnahme gedrückt. Die griechischen Spieler bestreiken den Supercup, um daheim bessere Vertragsbedingungen in ihren Vereinen durchzusetzten. Paradoxerweise sind die griechischen Fans in der Kurve die lautesten: Fortwährend toben sie, werfen Papierrollen, sogar Knallkörper und despektierlich schmähen sie das Lied der Deuschen, während es scheppernd vom Bande nudelt.
Die anständigen Deutschen dagegen erheben sich höflich während dieser und anderer Hymnen. Niemand, der die Italiener verspottete, obschon sie in ihren blauen, über der Hose getragenen, kurzärmligen Leibchen wie die Bediensteten einer Pizza-Kette aussehen. Niemand der die Favoriten verdammt, etwa den dreifachen Cup-Gewinner, Welt- und Europameister Jugoslawien oder die vizeweltmeisterliche Sowjetunion. Oder Frankreich, das vierte teilnehmende Team, das besser ist als das bundesdeutsche.
Das offensichtliche Leistungsgefälle verbrämt denn auch UdSSR- Trainer Yuri Selekhov nicht einmal diplomatisch, nachdem die deutsche Mannschaft gegen die seine mit 80:70 verloren hat: „Dies war das allererste Spiel für unser neu zusammengesetztes Team “, sagte er ohne jeden Anflug von Mitleid, „wir spielen erste eine Woche zusammen.“
Dies mag der Grund sein, warum es immerhin zehn Minuten gedauert hat, bis die Sowjets ihre Überlegenheit konsolidierten und bis zum Schluß gar mit immer weniger Aufwand spielten. Weitere Gründe nennt Svetislav Pescic, der Coach der Deutschen: „Nur gegen zweitklassige europäische Mannschaften wie Polen können wir gut spielen. Nachdem die Sowjets mit einigen Drei-Punkte-Würfen ihre Überlegenheit unter Beweis gestellt haben, ging es meinen Spielern schon psychologisch schlecht.“
Fürwahr: Anschließend sank die Trefferquote bei Freiwürfen eine Zeitlang rapide, Ballverluste häuften sich. „Wir haben ein bißchen ängstlich gespielt, und unsere Schwächen kamen voll zum tragen“, seufzte Pescic mit verschränkten Armen, „deshalb haben wir verdient verloren.“
Falls sich dieser Umstand — wie zu erwarten steht — im Verlauf des Turniers nicht groß ändert, muß das trotzdem nicht groß auffallen. Denn nach der Absage Griechenlands wurde der Austragungsmodus geändert. Jetzt gibt es während der nächsten Spieltage in Hagen und Dortmund keine Finalqualifikationen über Gruppensiege mehr. Stattdessen spiel jeder gegen jeden.
Das hat zur Folge, daß die deutsche Mannschaft bis zum letzen Spieltag am Ball bleiben kann. Und einen Trostpreis erhält: 5.000 Mark sind selbst für den letzten im Preisgeld-Topf. Und wenn Heerscharen am Samstag und Sonntag die Hallen füllen, steigt, so Pescic, die Form der unsrigen rasant: „Wir brauchen ganz viel Unterstützung. Mit einem begeisterten Publikum sind wir immer viel besser.“ Thomas Meiser
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