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INTERVIEW„Soldateneinsätze im humanitären Bereich, ohne Waffen“

■ Gisela Schröter, Bundestagsabgeordnete und SPD-Landesvorsitzende in Thüringen, über das Verhältnis der Ost-SPD zur Schwester im Westen, zum Sinn parteiübergreifender Arbeitsgruppen und zur Beteiligung deutscher Soldaten an UNO-Aktionen

taz: Ist die Bundes-SPD zu sehr vom Westen dominiert?

Gisela Schröter: Diese SPD ist nicht mehr die gleiche, die sie vorher war und das muß man ihr klarmachen. Viele Sozialdemokraten aus dem Westen hatten vorher nie Kontakte zur DDR. Aber sie hören mir auch zu, wenn ich sage: So geht das nicht.

Zum Beispiel?

Da ging es zum Beispiel um den Beamtenaustausch. Da mußte ich meine Kollegen aus der Fraktion erstmal mit nach Thürigen nehmen. Dort haben sie dann gesehen, wie es in einer ganz normalen ostdeutschen Kleinstadt zugeht. Sie haben mit den Leuten dort in der Verwaltung gesprochen und daraufhin ihre Idee von der „Beamtenhilfe um jeden Preis“ fallengelassen. Man sollte die Hilfe nicht überstülpen, sondern die Leute nur dahin schicken, wo sie gewollt sind und angefordert wurden.

Werden die Ost-Politiker in Fraktion und Partei inzwischen ernst genommen?

Viele unserer Leute haben keine große Konfliktfähigkeit, weil sie es nie gelernt haben, sich auseinanderzusetzen. Wir hatten ja früher nicht die Möglichkeit, Widerspruch anzumelden, ohne das Gesicht zu verlieren. Um es trotzdem zu tun, brauchte man ein ganz schön dickes Fell. Woran ich merke, daß wir immer noch nicht ganz ernst genommen werden: Unsere West-Kollegen sind sehr langmütig, wenn jemand aus dem Osten Mist erzählt. Nur in der Kritik zeigt sich doch auch die Akzeptanz.

Was muß die SPD ändern um nicht mehr in Ost- und West-Partei auseinanderzufallen?

Die West-SPD kennt viele unserer Probleme nicht. Sie geht von ihrer intakten Struktur aus, von der Tradition, die bei uns nicht da ist.

Was heißt das?

Die sagen, wir brauchen Unterbezirke. Unsere Bürger brauchen aber keine Unterbezirke, sondern Ansprechpartner, Bürgerbüros, wo sie jederzeit mit ihren Problemen hinkommen können. Da muß ein Gegenüber da sein.

Was fordern sie von der Bundes-SPD?

Erstmal, daß sie uns finanziell besser unterstützt. Die Kreisverbände haben keine Mittel mehr, um die Miete und die Telefongebühren für ihre Büros zu bezahlen.

Wo soll das Geld dafür herkommen?

Der Mitgliedsbeitrag wurde ja schon erhöht. Jetzt geht es darum, die Mittel anders zu verteilen. Es kann viel Geld im Westen gespart werden, wenn weniger überflüssige Papiere und Broschüren produziert werden.

Was brachten die Arbeitsgruppen von SPD und Union/FDP für den Aufbau-Ost?

Das war ein kosmetisches Pflästerchen. Natürlich war es richtig, das Angebot anzunehmen. Aber rausgekommen ist nichts dabei. Die Regierung hat nichts verstanden. Solche Arbeitsgruppen haben sowieso keinen Sinn, wenn sie nur hier oben in Bonn stattfinden. Bei uns in den neuen Bundesländern wäre die Zusammenarbeit wichtig.

Gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den Parteien in Thüringen?

Auf der Landesebene überhaupt nicht. Ich habe machmal das Gefühl, Vorsitzende einer Untergrundpartei zu sein, so behandeln die uns.

Was machten Sie vor Ihrer SPD-Karriere?

Ich komme aus einer Familie, die immer im Widerspruch war zu diesem Staat, in dem wir gelebt haben. Wir wurden aus der ehemaligen Sperrzone an der Grenze zu Hessen zwangsumgesiedelt. Mein Vater war Jurist, durfte seinen Beruf aber nicht ausüben. Ich bin dann Lehrerin geworden und war in der Kirche aktiv.

Wie sind sie zur SPD gekommen?

Ich habe immer schon Bundestagsdebatten im Fernsehen verfolgt. Ich bin nie auf die Idee gekommen, in eine Blockpartei einzutreten. Zunächst hatte ich Sympathien für den Demokratischen Aufbruch, weil das keine Partei war. Als sich der Aufbruch von der CDU umarmen ließ, bin ich zur SPD gegangen. Mit den Zielen der SPD identifiziere ich mich schon lange.

Sie kandidieren auf dem Parteitag für den SPD-Vorstand. Ihre Ziele?

Ich will die Interessen der Bürgerinnen und Bürger aus dem Osten vertreten. Besonders interessieren mich die Fragen der Innenpolitik, weil da ja das Zusammenwachsen stattfindet: Die Beamten-, Ausländer- und Asylproblematik.

Auf dem Parteitag in Bremen steht die Entscheidung an, ob die SPD eine Grundgesetzänderung zugunsten einer Beteiligung deutscher Soldaten an UNO-Aktionen unterstützen soll.

Ich bin für Einsätze im humanitären Bereich, ohne Waffe, dafür brauchen wir keine Änderung des Grundgesetzes. Die kommt für mich erst dann in Frage, wenn die UNO gestärkt ist. Diese Position hat sich übrigens auch in unserem thüringischen Landesverband duchgesetzt. Interview: Tina Stadlmayer

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