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Antisemitismus von DDR nie wirklich aufgearbeitet

■ Latenter Antisemitismus in der Ex-DDR/ Die Historiographie hat es geschafft, kein einziges wissenschaftlich verantwortbares Buch vorzulegen

Berlin. In der ehemaligen DDR hat es nach Auffassung von Dr. Stefan Schreiner immer einen latenten Antisemitismus gegeben, der verdrängt und dessen Auswirkungen in der Gesellschaft zumeist verschwiegen worden sind. Dieses Phänomen ist in der 40jährigen Geschichte nie wirklich aufgearbeitet worden, so der Dozent für Judaistik an der Berliner Humboldt-Universität am Samstag auf einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Berlin (West). Nicht zuletzt hat die amtliche Historiographie es geschafft, kein einziges wissenschaftlich verantwortbares Buch zu dieser Problematik vorzulegen. Gefördert und begünstigt wurde der latent vorhandene Antisemitismus durch die antizionistische Politik des Staates. Antisemitismus war in der DDR zwar ein Straftatbestand gewesen, aber die Auseinandersetzung mit dem Thema habe man im wesentlichen nur den Gerichten überlassen. Von deren „Umgang“ mit diesem Gegenstand hätten unter anderem die Berichte der Medien über entsprechende Prozesse Zeugnis abgelegt.

Dr. Werner Bergmann vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin stellte einen Bericht über eine empirische Untersuchung zu dieser Frage in den alten Bundesländern aus dem Jahre 1987 vor. Besonders bei den jüngeren Generationen ist ein deutlicher Rückgang des Antisemistismus festzustellen, der auch mit steigendem Bildungsniveau abnimmt. Bergmann führt diese Entwicklung auf Bildung und Erziehung sowie eine sensibilisierte öffentliche Meinung nach den Erfahrungen der Geschichte in dieser Frage zurück.

Frau Dr. Alina Cala vom Jüdischen-Historischen Institut Warschau beklagte „eine breite Toleranz gegenüber dem Antisemitismus“ in der Öffentlichkeit, darunter auch in liberalen Kreisen Polens. Die Kommunisten hätten den Antisemitismus in ihrem Land nicht geschaffen, ihn jedoch benutzt, „griffbereit gehalten“ und versucht, damit bei Bedarf gesellschaftliche Stimmungen zu beeinflussen. Ohne eine ehrliche und öffentliche Diskussion über dieses Thema in Polen, so die Wissenschaftlerin, ist es unmöglich, Natur und Erscheinungsformen des Totalitarismus zu verstehen sowie die daraus resultierenden Gefährdungen für Demokratie und Freiheit zu erkennen. Dr. Theo Mechtenberg, Gesamteuropäisches Studienwerk e.V. Vlotho/Weser, begrüßte in diesem Zusammenhang den Hirtenbrief der polnischen Bischöfe vom Oktober vergangenen Jahres, der eine notwendige Klarstellung bezüglich der Haltung der katholischen Kirche zum Judentum ist. taz/adn

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