: CDU-Streit um Abtreibung
■ Bestrafen oder Beraten: § 218 erhitzt Landesparteitag / Debatte abgewürgt
Der Streit um den Paragraphen 218 des Strafgesetzbuches ist jetzt auch in der Bremer CDU voll entbrannt. Auslöser war ein Antrag auf dem CDU-Landesparteitag am vergangenen Sonnabend. In dem ntrag für das Landes- und Wahlprogramm der Bremer CDU, initiiert von der 22jährige Gabi Piontkowski, hieß es: „Bei einer ... medizinischen oder psychosozialen Notlage kann niemand der Frau die verantwortliche Letzt-entscheidung abnehmen.“ Allerdings schreibt Piontkowskis Antrag eine Beratunspflicht vor einem Eingriff zwingend vor.
Die in ihrer Partei vorherrschende Meinung zum Problem der Abtreibung sei „lebensfremmd“, erklärte Piontkowski ihre (neue) Position zum Abtreibungsparagraphen. „Wer als Partei junge Frauen ansprechen will, muß sich in dieser Frage öffnen.“
Den „heißen“ Antrag hätte die CDU am Samstag lieber unter den Teppich gekehrt. Peter Kudella plädierte auf „Nichtbefassung“, „weil das Thema nicht in Bremen, sondern in Bonn entschieden wird“. Doch der Fraktionschef hatte die Rechung ohne seine Frauen gemacht. Völlig außer Programm versuchten eine Debatte über den strittigen Paragraphen des Strafgesetzbuches.
Die Bürgerschaftskandidatin und strikte Abtreibungsgegnerin Monika Harms wollte sofort einen Gegenantrag einbringen, der die prinzipielle „Schutzpflicht des Staates“ gegenüber dem „sich im Mutterleib entwickelndem Kind“ garantiert. Aber soweit kam sie nicht. Die Parteitagspräsidentin Roswitha Erlenwein fand, daß sich „weitere Wortmeldungen erübrigen“, eine inhaltliche Debatte sei nicht vorgesehen.
Das erboste wiederum Karin Stieringer, ebenfalls erklärte Abtreibungsgegnerin. Auch sie hätte gerne ein klares Wort des Parteitages gehört. „Das muß hier besprochen werden, wir müssen Farbe bekennen in diesem Punkt.“ Der Parteitag thematisiere jeden Pinselstrich auf einer Autostraße, kneife aber vor einem Thema, das die Frauen bewege. „Diese Art und Weise, damit umzugehen, ist grauenvoll, das bringt Magengeschwüre“, meinte Stieringer voll Zorn in Richtung des Präsidiums.
Da mußte dann schon der Landesvorsitzende Bernd Neumann zum Wort greifen, um die Frauen zur Parteiordnung zu rufen. Man müsse Gabi Piontkowski ihren Antrag nachsehen, weil sie noch nicht so lange dabei sei. Wir werden zur Fristenlösung nicht ja sagen“, erklärte der Landeschef, um wieder Linie in die Partei zu bringen. Für die Bundesdiskussion bedürfe es aber keiner Bremer Beiträge. Noch 1987 hatte die CDU zum Paragraphen 218 auch in ihrem Landesprogramm eindeutig Stellung bezogen.
Gabi Piontkowski hat offensichlich noch andere Vorstellungen von Parteiarbeit. „Wir müssen aktiv in die Diskussion eingreifen“, forderte sie von ihrem Landesverband, doch erklärte sie sich mit einer internen Auseinandersetzung erst einmal einverstanden. Mit 12 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen wurde ihr Antrag vom Parteitag an den Landesvorstand überwiesen. Markus Daschner
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