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Hammermethoden

■ Die Fußballpräsidenten der Schweiz planen drastische Lohnreduzierungen für die Profikicker

Genf (taz) — 300.000 Schweizer Franken erhielt Thomas Bickel, einer der Spitzenverdiener im eidgenössischen Profifußball, in der Saison 1990. Selbst für die an vierter Stelle der weltweiten Einkommensskala liegenden Schweiz ist das ein fürstliches Salär. Künftig soll der Mittelfeldspieler beim derzeitigen Tabellenführer der Nationalliga A, Grashoppers Zürich, mit 180.000 Franken auskommen. In einer für den westeuropäischen Fußball bislang einmaligen Aktion haben die Präsidenten der zwölf Schweizer Erstligaklubs letzte Woche gemeinsam eine Lohnkürzung für sämtliche Spieler beschlossen. Je nach derzeitigem Einkommen soll sie zwischen 20 und 40 Prozent betragen.

Den Grund für diese Maßnahme nennt Romano Simioni, Chef des FC Luzern und Sprecher der zwölf Präsidenten: „Die Finanzsituation in allen Vereinen ist dramatisch. Und eine bankrotte Gesellschaft ist nur noch mit Hammermethoden zu retten.“ Als solche empfinden viele Spieler auch die anderen Sanierungsvorhaben, die die Klubchefs seit Anfang Mai vereinbart haben: Ab Herbst dieses Jahres wird für die Profifußballer eine verbindliche Lohnstruktur eingeführt. Bis Ende August sollen Richtlöhne nach den Kriterien Leistung, Alter und Zahl der Einsätze in der Nationalmannschaft festgelegt werden.

Am gravierendsten für viele Spieler — und angesichts der üblichen kommerziellen Konkurrenzsituation zwischen Profifußballvereinen auch am erstaunlichsten — ist jedoch die dritte Maßnahme, auf die sich die zwölf Präsidenten einigen konnten: Jeder Verein verpflichtet sich, Spieler anderer Klubs nicht durch Angebote zu ködern, die über dem Einkommen liegen, das ihnen ihr bisheriger Arbeitgeber zahlt beziehungsweise für die kommende Saison zusagt.

Als Beispiel: Wenn die Young Boys Bern ihrem bisherigen Stammspieler Dario Zuffi, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft, für eine Verlängerung ein Angebot von jährlich 150.000 Franken machen, darf ihm kein Verein in der ganzen Schweiz auch nur einen Franken mehr anbieten. Mit dieser Maßnahme wollen die Vereinspräsidenten die Möglichkeit eines Lohnstopps für die ohnehin schon hochbezahlten Stars der Liga durchsetzen, um mehr Geld für hoffnungsvolle Nachwuchsspieler in der Kasse zu haben.

Die Spieler reagierten zunächst nur individuell. Die meisten setzten — bislang vergeblich — darauf, daß die neue Solidarität der Vereinschefs schnell wieder zusammenbricht. Thomas Bickel, der die entscheidenden Tore beim überraschenden Auswärtssieg des Schweizer Nationalteams gegen Bulgarien in der EM-Qualifikation schoß und sich entsprechend stark fühlt, spuckte Ende letzer Woche noch große Töne. Ein Jahreslohn von unter 200.000 Franken sei für ihn „völlig unakzeptabel“. Notfalls werde er die Fußballschuhe einfach an den Nagel hängen, versuchte er Druck auf die Vereinschefs auszuüben. Es gibt jedoch auch andere Stimmen. Der Torhüter der Young Boys, Bernhard Pulver, nannte Bickels Äußerungen „arrogant“, „unüberlegt“ und „sehr schädlich für den Fußballsport in der Öffentlichkeit“.

Für Mittwoch dieser Woche ist eine erste Begegnung zwischen Vertretern der Präsidenten und der Spieler vorgesehen. In einem Schreiben an die Präsidenten stellte die Spielervereinigung, der mit 400 Fußballern 85 Prozent aller Kicker der Nationalligen A und B angehören sollen, inzwischen vier Forderungen auf: Auch wenn die Spieler grundsätzlich bereit sind, angesichts der Verschuldung der Vereine gewisse Lohneinbußen zu akzeptieren, sollen die Absprachen der Präsidenten über Lohnkürzung, neue Lohnstruktur und Transferregelung rückgängig gemacht werden. Bei allen Gesprächen und Verhandlungen über diese Punkte wollen die Spieler künftig beteiligt werden. Drittens bestehen sie auf einem festen Vertreter im Komitee der Nationalliga, in dem bislang nur die Vereinsvorstände vertreten sind. Und viertens wollen sie auch künftig ihre Manager und Berater an Vertragsverhandlungen mit Vereinen beteiligen.

Mit dem letzten Punkt beißen die Spieler bei den Präsidenten jedoch auf Granit. Sie haben fest vereinbart, daß Vertragsverhandlungen künftig nur noch direkt zwischen Vereinsvorstand und Spieler stattfinden, ohne Beteiligung Dritter. Damit wollen sie vor allem den Spielerberater Bruno Huber ausschalten, der bislang mindestens 100 Kicker der Nationalliga A vertritt und damit ein mächtiges Gegenüber für die Vereinsvorstände ist. Ein „Profiteur des Fußballs, auf dessen Kosten er jährlich rund eine halbe Million Franken verdient“, nennt ihn Präsidentensprecher Simioni. Andreas Zumach

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