piwik no script img

Präser auf Krankenschein!

■ Das Verhüterli für Männer ist billiger und ungefährlicher

Präser auf Krankenschein! Das Verhüterli für Männer ist billiger und ungefährlicher

Moderne Zeiten: Während vor 30 Jahren die neu auf den Markt gekommene „Antibabypille“ von der hiesigen moral majority als das Ende von Sitte und Anstand verdammt wurde, wird heute im Streit um den Paragraphen 218 die Forderung nach der „Pille auf Krankenschein“ immer lauter. In Brandenburg verpflichtet ein Gesetz das Land bereits zur Übernahme dieser Kosten. Auch im christlich-liberalen Mecklenburg-Vorpommern wird an einem solchen gebastelt, und Bundesfrauenministerin Merkel läßt prüfen, ob „bedürftige Frauen“ die Pille auf Kosten der Kasse bekommen können. Verteidigt wird damit eine der letzten Sozialleistungen der DDR, die der Vereinigung zum Opfer fiel: Verhütungsmittel gratis.

Nur für Frauen, natürlich! Die Pille eben. Viel weiter reicht der Horizont der meisten KämpferInnen für kostenlose Kontrazeptiva auch heute nicht. Manchmal fällt auch das Wort Spirale — damit aber hat sich das Repertoire bereits erschöpft. Jahrelange Aufklärungskampagnen der Frauenbewegung über die schädlichen Hormonbomben, die Nebenwirkungen der intra-uterinen Verhütungstechnik, über gesundheitsfreundliche Alternativen scheinen spurlos an ihnen vorbeigegangen zu sein.

Auch vom KONDOM ist nicht die Rede. So als ob dieses billige, sichere, einfach anzuwendene und ungefährliche Plastiktütchen noch nicht erfunden sei. Als ob die Mensch- bzw. Mannheit den Zusammenhang zwischen Schwanz und Schwangerschaft noch nicht entdeckt habe und noch immer glaube, der Heilige Geist mache den Frauen die Kinder.

Da waren wir schon mal weiter: Zwar leider dank Aids, aber immerhin, das Gummi wurde in den vergangenen Jahren auch über die Kreise der Prostituierten und swinging singles hinaus schlafzimmerfähiger. Die HIV-Hysterie machte möglich, was viele Männer (und manche Frauen) bislang für ihr Sexualleben als höchst unbefriedigend abgelehnt hatten. Nebenbei wurde wiederentdeckt, daß Kondome nicht nur Aids, sondern auch Schwangerschaften verhüten können.

Selbst wenn es der Pharmaindustrie und der ÄrztInnenschaft nicht paßt, daß Frauen die Pille verweigern und nicht mehr auf den gynäkologischen Stuhl klettern, um sich ein Kupfer-T anpassen zu lassen: Kostenlose Verhütungsmittel für Männer, Präser auf Krankenschein! So und nicht anders muß die Parole lauten. Schon im Interesse der Kassen und ihrer BeitragszahlerInnen. Denn Pille und Spirale sind nicht nur teurer — sie schützen auch nicht vor Aids. Sonst bleibt Verhütung wieder allein Sache der Frauen, die nebenbei auch noch ihre Gesundheit riskieren — fürs Allzeit-Bereit. Ulrike Helwerth

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen