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Schriftsteller verschlafen Neuanfang

■ Deutsche Schriftsteller aus Ost und West jetzt in einem gemeinsamen Verein/ Statt sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, lauschten die Versammelten tröstlichen Worten von Innenminister Schäuble

Travemünde (taz) — Auf ihrem ersten gemeinsamen Kongreß am vergangenen Wochenende haben die deutschen Schriftsteller West und Ost einen Neuanfang verschlafen. In den vergangenen Jahren hatten harsche Auseinandersetzungen um die teils verdeckte, teils offene Zusammenarbeit von Mitgliedern des westdeutschen Schriftstellerverbandes (VS) mit den offiziellen DDR-Schriftstellern unter Führung von Hermann Kant die Debatten im westdeutschen VS bestimmt. Auch der Beitritt in die IG-Medien war umstritten. Zahlreiche prominente Mitglieder, darunter die ehemaligen Vorstandsmitglieder Günther Grass und Anna Jonas, hatten den VS aus Protest gegen seine DKP-Lastigkeit verlassen. Dieses Wochenende sollte der „Bewältigung“ der Vergangenheit gewidmet sein und einen Neuanfang setzen. Eine entsprechende Diskussion fand allerdings nicht statt. Bundesinnenminister Schäuble mahnte zur Aussöhnung und richtete troststiftende Worte an die Schriftsteller. Auch der designierte SPD-Bundesvorsitzende Björn Engholm rief zum Verzeihen auf. Das nahmen die Versammelten dankbar an — und gingen mehr oder weniger locker zur Vereinsroutine über. Selbst die Kardinalfrage für die Zukunft des VS, ob nämlich die Schrifsteller für ihre Interessen überhaupt einer Gewerkschaft bedürfen, blieb weitgehend ausgeklammert. Als alter und neuer Bundesvorsitzender wurde Uwe Friesel ohne Gegenkandidat mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Zu seinen, paritätisch nach Ost und West verteilten Stellvertretern wurden Wolfram Dorn (NRW) und Klaus- Dieter Summer (Ost-Berlin) gewählt. BeisitzerInnen wurden Dieter Mucke aus Halle, Beate Morgenstern und Thomas Reschke aus Ost-Berlin sowie Erasmus Schöfer (NRW). SEITE 3

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