: Hessische One-Man-Band
■ Hinter einem übermächtigen Joschka Fischer verschwinden die hessischen Grünen
Hessische One-Man-Band Hinter einem übermächtigen Joschka Fischer verschwinden die hessischen Grünen
Die leidigen Auseinandersetzungen zwischen Fundamentalisten und Realpolitikern bei den Grünen haben bislang die inhaltlichen und strukturellen Schwächen der Partei verdeckt. Die erbitterten Endlosdebatten zwischen den Flügeln wurden vielfach fälschlich mit „Lebendigkeit“ assoziiert. Das offenbarte der erste Parteitag der hessischen Grünen nach dem Abgang der sogenannten Radikalökologen schonungslos. Die angepeilte Strukturreform, mit der das Gewicht der Partei im direkten Vergleich zur Landtagsfraktion und vor allem zum mächtigen Doppelministerium von Joschka Fischer gestärkt werden sollte, blieb im Ansatz stecken — und die politische Orientierungslosigkeit der Basis zeitigte langweilige Debatten.
Den im Abwehrkampf gegen die Fundamentalisten auf die bekannten realpolitischen Positionen eingeschworenen hessischen Grünen, die ihre landespolitische Rolle als Partner für die SPD längst antizipiert haben, fehlt das „dialektische Moment“ — und das nicht nur, weil etwa die Trillerpfeifen der „Fundis“ nicht mehr den Ton angeben. Die hessischen Grünen haben das „Politikmachen“ bereitwillig einer Handvoll Männer um Joschka Fischer überlassen. Mit ihm als „Zugpferd“ haben sie die Landtagswahlen nach dem Bundestagswahldesaster mit Bravour bewältigt.
Daß die Reduzierung der hessischen Grünen auf eine tonangebende „One-Man-Band“ im Ministerfrack nicht das politische Maß aller Dinge sein kann, hat Joschka Fischer auf dem Parteitag selbst problematisiert. Doch mit seinem Einsatz für eine nur beschränkte Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat und für das dualistische Vorstandskonstrukt hat Fischer gleichzeitig eine(n) starken Parteivorsitzende(n) an der Spitze der hessischen Grünen verhindert. Entsprechend kamen die Kandidaten für die Vorstandssprecherposten aus dem zweiten Glied der Partei. Auch die Mehrheit der neuen Landtagsfraktion mit Rupert von Plottnitz an der Spitze ist offenbar nicht dazu bereit, das politische Vakuum bei den hessischen Grünen mit Leben zu füllen. Und Opponent Karl Kerschgens, der auf dem Parteitag eine Attacke gegen die sozial- und wohnungsbaupolitischen Ambitionen der Regierung Eichel/Fischer ritt, hat sich mit der Demonstration eines auf den hehren Naturschutzgedanken beschränkten politischen Bewußtseins selbst ins Abseits katapultiert. Die Partei „zerbröselt“ weiter, auch wenn mit der Aufwertung des alten Landeshauptausschusses zum „kleinen Parteitag“ zumindest der Versuch einer Vernetzung der diversen Entscheidungsebenen innerhalb der hessischen Grünen in Angriff genommen wurde.
Ob der von der Basis herbeivotierte „kleine Parteitag“ allerdings tatsächlich die programmatischen und organisatorischen Defizite der Partei bis zu den hessischen Kommunalwahlen im März 1993 wird aufarbeiten können, bleibt abzuwarten. In Hessen (vorerst) nichts Neues — auch nach dem Strukturparteitag in Frankfurt. Klaus-Peter Klingelschmitt
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