: Fünf neue Fälle von Zwangsadoptionen
■ Berliner Clearingstelle prüft jetzt neun Zwangsadoptionen
Berlin/Magdeburg. Die Berliner Clearingstelle zur Aufklärung von Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR prüft inzwischen fünf weitere Fälle. Das teilte Pressesprecher Torsten Schilling gestern mit. Damit gebe es bisher neun »berechtigte Verdachtsfälle«, sagte Schilling. Nach Angaben der Leiterin der Clearingstelle, Elke Kanneberg, finden »immer mehr Betroffene den Mut, sich an uns zu wenden«.
Bei der Staatsanwaltschaft in Magdeburg ging unterdessen die erste Strafanzeige im Zusammenhang mit der zwangsweisen Adoption von Kindern politisch mißliebiger Eltern ein, bestätigte Staatsanwalt Jens Sinnecker gestern.
Bei den anderen Justizbehörden in den neuen Bundesländern und in Berlin waren bis gestern nachmittag nach einer 'dpa‘-Umfrage noch keine Anzeigen Betroffener eingegangen. Allerdings wollte man etwa bei der Staatsanwaltschaft Dresden nicht ausdrücklich ausschließen, daß Strafanzeigen auf dem Weg seien [Ja, die Schneckenpost, säzzer]. Nach Schillings Worten ist mit weiteren Anzeigen nach Überprüfung der Unterlagen in den nächsten Tagen zu rechnen.
Der Berliner Rechtsanwalt Peter Raue war von Juliane Bachmann aus Augsburg beauftragt worden, gegen Verantwortliche in Wittenberg und Dessau Strafanzeige zu erstatten. Nach Angaben seiner 28 Jahre alten Mandantin liegt ein eindeutiger Fall von Zwangsadoption vor, der sich noch nach der Wende ereignet habe. Angezeigt wurden der Leiter des Kindervorschulheims Ernst-Thälmann in Dessau, der Leiter des Jugendamts in Wittenberg und dessen Mitarbeiter, sagte Raue. Der Leiter des Jugendamtes soll den sechsjährigen Sohn David noch im März 1990 zur Adoption freigegeben zu haben. Ziel sei jetzt vor allem, den zur Zeit noch unbekannten Aufenthaltsort des Jungen zu ermitteln, teilte Raue gestern mit. dpa
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