: Abspecken statt aufstocken
■ Deutschland einig Polizistenland — Der Superlativ heißt Berlin
Berlin. Für die „innere Sicherheit“ wird den BerlinerInnen dieses Jahr tief in die Tasche gegriffen: Der Unterhalt von Polizei, Kripo und zugehörigen Verwaltungsbehörden kostet jeden Einwohner dieser Stadt mindestens 470 Mark. In Hamburg waren es 1990 pro Nase nur 290 Mark. Darauf wiesen gestern die Abgeordneten von Bündnis 90/Grüne, Lena Schraut und Wolfgang Wieland, hin. Der Berliner Polizeietat für dieses Haushaltsjahr beläuft sich auf 1,6 Milliarden Mark. Der Löwenanteil fließt in den Westteil der Stadt, der Ostteil wird im Nachtragshaushalt mit 400.000 Mark abgespeist. Dabei sind die Kosten für die Freiwillige Polizeireserve (FPR), die im Haushaltsansatz mit 3,4 Millionen Mark ausgewiesen sind, in dem Etat bislang nur zur Hälfte inbegriffen. Wie die taz berichtete, gibt es Pläne, die rund 2.700 Frau und Mann starke FPR auf 10.000 Personen aufzustocken. „Unter Rot- Grün“, trumpfte Wieland gestern auf, „war die Abschaffung der FPR beschlossene Sache.“ Nach Angaben der Grünen geht der größte Anteil des Polizeietats für Personalausgaben drauf. Den Grund dafür lieferte Lena Schraut gleich mit. „Berlin hat weltweit die höchste Polizeidichte.“ Hier kämen auf einen Polizisten 150 Einwohner, in anderen Großstädten der Bundesrepublik sei das Verhältnis 1:230. Die Stadt an der Spree leistet sich aber nicht nur mehr polizeiliches Fußvolk, sondern auch mehr Häuptlinge: 40 Polizeiobere, vom Polizeidirektor aufwärts, schalten und walten hier, während es in Hamburg nur 21 sind. Die Spitze der Pyramide ist in Berlin mit fünf Schlüsselpositionen besetzt, in anderen Städten gibt es nur drei. Im Hinblick darauf, daß die Polizeiführer Schinz und Heinze im kommenden Jahr in Pension gehen, forderten die Grünen gestern, daß der Polizeivizepräsident dann einen Teil ihrer Aufgaben übernimmt und die Posten gestrichen werden. Der Eklat um den Landespolizeidirektor Kittlaus habe gezeigt, daß zu viele Polizeiführer „kontraproduktiv“ seien. Auch Kittlaus' Stelle müsse mit einem „kw- Vermerk“ (kann weg) versehen werden. Außerdem verlangen die Grünen, daß die Forderung des Polizeipräsidenten nach 1.000 weiteren Stellen abgelehnt wird. Die Entscheidung, in Ost-Berlin zwei weitere Direktionen einzurichten, sei „sachlich richtig“, müsse aber mit den vorhandenen Planstellen bewerkstelligt werden.
Die Planungen, die den Streit zwischen Polizeiführung und Kittlaus auslösten, müßten dem Innenausschuß vorgelegt werden. plu
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