Polizeichef rügt den Innensenator

■ Polizeipräsident Schertz gibt Innensenator Heckelmann die Mitschuld an der Polizeikrise/ Brief an den Innensenator/ Bündnis 90/Grüne fordern Offenlegung des Schreibens im Innenausschuß/ Kittlaus' »rasanter Autoritätverlust«

Berlin. Im Streit um den Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus gerät zunehmend Innensenator Dieter Heckelmann selbst ins Schußfeld. Polizeipräsident Georg Schertz hat den CDU-nahen Innensenator jetzt in einem längeren Schreiben indirekt für die Krise in der Polizeiführung mitverantwortlich gemacht. Bündnis 90/Grüne und die Gewerkschaft der Polizei haben Heckelmann aufgefordert, diesen Brief in der Sitzung des parlamentarischen Innenausschusses am Montag offenzulegen.

In dem Schreiben, dessen Inhalt der taz jetzt bekannt wurde, weist Schertz darauf hin, daß er bereits am 17.April Heckelmann und dessen Staatssekretär Armin Jäger über die Probleme mit Kittlaus unterrichtet habe. Man sei damals übereingekommen, erinnert Schertz seinen Senator, »daß ich den Landespolizeidirektor, so gut es eben geht, gegenüber seinen Mitarbeitern in seiner Autorität stütze«. Das setze aber voraus, daß Kittlaus »seinerseits in meine Führungsverantwortung einzubinden ist«.

Trotz dieser Übereinkunft habe Heckelmann weiterhin Kittlaus zu mehreren Unterredungen gebeten, ohne daß Schertz davon informiert wurde. Sogar über Personalangelegenheiten im Stab des Polizeipräsidenten habe Heckelmann mit Kittlaus gesprochen. In den Augen von Schertz ist dies ein Akt der Illoyalität seitens des Landespolizeidirektors. Daß Kittlaus in jüngster Zeit die Möglichkeit erhalten habe, »eigene Wege zu gehen und der Führung des Polizeipräsidenten auszuweichen«, habe den schon lange schwelenden Zustand zu einer Krise werden lassen.

Neben diesen Vorwürfen an die Adresse des Innensenators weist Schertz die von CDU und FDP geäußerte Behauptung zurück, daß der erfolgreich verlaufene letzte 1.-Mai- Einsatz das Verdienst von Kittlaus sei. Die Einsatzplanung habe nicht Kittlaus erarbeitet, sondern der anschließend von der CDU heftig gescholtene Landesschutzpolizeidirektor Gottfried Heinze. Mitgearbeitet hätten die beiden Polizeiführer Manthey und Kilian. Die formale Einsatzleitung habe sich Kittlaus »selbst übertragen«, konstatiert Schertz.

Nahezu in der gesamten ihm nachgeordneten höchsten Führungsebene der Vollzugspolizei werde Kittlaus als ein Vorgesetzter angesehen, der einen »rasanten Autoritätsverlust« erlitten habe, faßt Georg Schertz die Kritik der Kittlaus-Untergebenen zusammen. Der Landespolizeidirektor hege gegenüber seinen engsten Mitarbeitern »tiefstes Mißtrauen«, Führungs- und Entscheidungsschwäche prägten den dienstlichen Alltag.

Angesichts des Dienstranges von Kittlaus seien personelle Konsequenzen trotzdem »nicht denkbar«. Deshalb könne es nur darum gehen, die Situation zu stabilisieren. hmt