: Die Verabschiedung vom Rechtsstaat
■ Betr.: "Polizei soll Straftaten begehen dürfen", taz vom 23.5.91
betr.: „Polizei soll Straftaten begehen dürfen“, taz vom 23.5.91
Mit seinem Vorstoß in der Diskussion um den Einsatz verdeckter Ermittler hat Bundesinnenminister Schäuble endlich die Katze aus dem Sack gelassen. Während in der rechtspolitischen Diskussion auch von den Hardlinern bisher vermieden worden ist, für die verdeckten Ermittler der Polizei die Möglichkeit zur Begehung „milieubedingter Straftaten“ zu fordern, ist nun der Bann gebrochen.
Nachdem auch in Hamburg die verdeckten Ermittler mit dem neuen Polizeigesetz gerade legalisiert worden sind, kann die nächste Hürde anvisiert werden. Niemals würden verdeckte Ermittler der Polizei Straftaten begehen dürfen, hieß es bisher abwehrend seitens der Gesetzesbefürworter stereotyp, da sei das Rechtsstaatsgebot und Legalitätsprinzip vor.
Wer ständig die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse fordert und jetzt gar auf einen weiteren Systembruch in unserem Rechtsstaat zusteuert, der übersieht, daß polizeiliche Erfolge zum geringsten Teil auf eigene Ermittlungsarbeit zurückzuführen sind, dafür aber zum größten Teil auf die Unterstützung aus der Bevölkerung.
Stück für Stück wird so das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei weiter untergraben. Ist heute schon die Kontrolle von Polizei und Verfassungsschutz weithin kaum effektiv, droht uns nun die Verabschiedung vom Rechtsstaat. Wer einerseits ständig „rechtsfreie Räume in der Hafenstraße“ anprangert, in gleichem Atemzug aber für Polizisten die Ermächtigung zur Begehung von Straftaten fordert, macht sich unglaubwürdig. Manfred Mahr,
Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten, (Hamburger Signal) e.V.
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