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Gorbatschow-Berater putzen Klinken

Jewgeni Primakow präsentiert in Washington den neuen Wirtschaftsreformplan Moskaus  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Drei enge Berater des sowjetischen Präsidenten Michael Gorbatschow haben bei ihrem gegenwärtigen Besuch in Washington neue Pläne für eine Wirtschaftsreform in der Sowjetunion vorgelegt. Gleichzeitig nahm das sowjetische Parlament in Moskau ein Gesetz über den Schutz der Anlagen ausländischer Investoren in erster Lesung an. Der Gesetzesentwurf erlaubt auch die Gründung von Firmen mit 100prozentiger Auslandsbeteiligung.

Die Bush-Administration hat bisher auf die neuerliche Offensive der Sowjets in ihren Bemühungen um westliche Wirtschaftshilfe mit Vorsicht und Gegendruck reagiert. Zu den am Mittwoch vorgelegten Details der geplanten Wirtschaftsreformen bemerkte Außenminister Baker, die Sowjetunion müsse sich erst zu „wirklichen Marktreformen verpflichten“, ehe man über amerikanische Finanzhilfen diskutieren könne. Damit sind die Konfliktlinien im Streit um die Form und das Ausmaß westlicher Hilfe an die Sowjetunion festgelegt: Während die Sowjets die erhofften US-Dollars (und andere Devisen) bereits zur Durchführung ihrer Wirtschaftsreformen einsetzen wollen, möchten die Amerikaner erst reformerische Taten sehen, ehe sie über Finanzhilfen reden.

Die handelsreisenden Sowjets, die sich bereits seit Tagen beziehungsweise Wochen in den USA aufhalten, sind Gorbatschow-Berater Jewgeni Primakow, der Stellvertretende Premierminister Wladimir Schtscherbakow und Grigori Jawlinski, Mitautor des gescheiterten Schatalin-Plans und Jelzin-Berater.

Der Außenminister Baker jetzt von Primakow präsentierte Moskauer Entwurf eines Reformpakets sieht für die Sowjetökonomie eine Liberalisierung, Privatisierungen und die Freigabe der Preise vor. Die Konvertibilität des Rubels wird darin nicht erwähnt. Die Sowjets wollen diese Vorschläge in weiteren Gesprächen mit Mitgliedern der Bush- Administration zu einem verbindlichen Reformpaket zusammenstellen, das dann auf dem Londoner Wirtschaftsgipfel vom 15. bis zum 17. Juli im Beisein Gorbatschows diskutiert werden könnte.

Der Bush-Administration dagegen geht die in den sowjetischen Vorschlägen vorgesehene Gleichzeitigkeit von Reformen und Finanzhilfen viel zu weit. Andererseits möchte sie Gorbatschows neuerwachten Reformeifer durchaus symbolisch unterstützen.

Als Kompromiß bietet sich die Einladung Gorbatschows auf eine Sondersitzung am Rande des Londoner Wirtschaftsgipfels an, gekoppelt an eine Aufstockung der technischen Hilfe des Westens: bis die Durchführung der geforderten und versprochenen Wirtschaftsreformen den Weg für mögliche Finanzhilfen öffnet.

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