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Futuristisches Hohenschönhausen

■ Was wird aus dem Bezirk?/ Umweltsenator Hassemer beriet mit Stadträten die Zukunft von Hochhaussiedlungen, Industriegebiet und Dörfern/ Einfamilienhäuser oder »dichte Besiedlung«?

Hohenschönhausen. Verseuchte Böden, heruntergekommene Hochhaussiedlungen von gigantischen Ausmaßen, kleine Dörfer, Seen, Parks — Hohenschönhausen hat wirklich einiges zu bieten. Umweltsenator Volker Hassemer sah sich gestern den Bezirk zusammen mit Vertretern des Bezirksamtes an. Probleme gibt es reichlich. Der alte Stadtkern im Süden wurde zu einem großen Teil zum Sanierungsgebiet erklärt. Die meisten Häuser müßten dringend renoviert werden, doch die Mittel sind knapp.

Weiter nördlich leben etwa 80.000 Menschen in den Hochhaussiedlungen eines Neubaugebietes, das doppelt so groß ist wie das Märkische Viertel. Es gibt keine Sportplätze oder Grünflächen und kaum Einkaufsmöglichkeiten. Zwischen den Hochhäusern befinden sich mehrere unbebaute Flächen, auf denen der Bezirk Gewerbebetriebe ansiedeln will. In Hohenschönhausen leben etwa 7.000 Arbeitslose, bei einer Gesamteinwohnerzahl von 118.000. Die Eigentumsverhältnisse der meisten Freiflächen sind jedoch noch ungeklärt, was die Gewerbeansiedlung immer wieder verzögert.

Größere Betriebe gibt es in Hohenschönhausen kaum. Auf dem Industriegebiet an der Marzahner Straße befand sich der größte Arbeitgeber, der Berliner Chemiehandel— im letzten Jahr auch das größte Problem für den Bezirk. Der mit Chemikalien verseuchte Boden sei mittlerweile weitgehend gereinigt worden, sagt Matthias Stawinoga, Bezirksstadtrat für Umwelt- und Naturschutz. Auf einem der verschmutzten Böden in der Industriesiedlung soll nach den Plänen von Senat und Bezirk eine Bodenreinigungsanlage aufgestellt werden.

Im Norden von Hohenschönhausen liegen die drei Dörfer Wartenberg, Falkenberg und Malchow. Kleine Häuser mitten im Grünen. Das Gebiet rund um den Malchower See ist 85 Hektar groß. Im Süden sollen Erholungsmöglichkeiten für die Hohenschönhausener geschaffen werden, den Norden will Matthias Stawinoga zum Naturschutzgebiet erklären. Pflegen kann er das riesige Gebiet allerdings nicht, da ihm für sämtliche Aufgaben des Naturschutzes bis hin zum Unkrautjäten nur insgesamt fünf Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

Die Wiesen um die drei Dörfer herum könnten bebaut werden. Eckart Baum, Bezirksstadtrat für Bau- und Wohnungswesen, träumt von Einfamilienhäusern mit kleinen Gärten. Hassemer hält diese Art der Bebauung jedoch für unrealistisch. Berlin braucht bis zum Jahr 2010 vermutlich 350.000 neue Wohnungen. Hassemer stellt sich »eine dichte Besiedlung mit viel Grün dazwischen, im Stil der 20er Jahre« vor. In solcher Nähe zur Stadtmitte — mit der Straßenbahn dauert es etwa 25 Minuten bis zum Alexanderplatz — könne sich keine Stadt eine platzraubende Besiedlung mit kleinen Einfamilienhäusern leisten.

Der Bezirk steht inzwischen unter Druck. Die meisten Pläne zur Gewerbeansiedlung oder zum Wohnungsbau konnten noch nicht einmal ansatzweise verwirklicht werden. Und die Hohenschönhausener würden langsam ungeduldig, warnt Bezirksstadtrat Baum. ana

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