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EG will nur für Jugoslawien zahlen

Bei dem Besuch von Delors und Santer in Belgrad wurde Druck auf die nach Unabhängigkeit strebenden Republiken ausgeübt/ Wirtschaftshilfe wird es nur beim Fortbestand Jugoslawiens geben  ■ Aus Belgrad Erich Rathfelder

Was soll aus Jugoslawien werden? Für die Europäische Gemeinschaft zumindest sind die jugoslawischen Unübersichtlichkeiten leicht zu ordnen. Der Präsident der Europäischen Kommission, Jacques Delors, und der EG-Ratsvorsitzende Jacques Santer haben am Donnerstag abend in einer Pressekonferenz Position bezogen: Jugoslawien muß unter der Glocke des bisherigen Bundesstaates zusammenbleiben. Gleichzeitig müßten sich der Bundesstaat und die Republiken weiter demokratisieren und die Minderheitenrechte wahren. Die politische Blockade in den jugoslawischen Institutionen — Delors spielte hierbei auch auf die Nichtwahl des kroatischen Mitglieds des Staatspräsidiums Stipe Mesic zum Staatspräsidenten an — müsse überwunden werden.

Delors setzt im Auftrag der Gemeinschaft weiter auf Ante Markovic, den jugoslawischen Ministerpräsidenten. Da die EG eine nicht unerhebliche Finanzhilfe für den jugoslawischen Bundesstaat gewähren wird, ist zunächst einmal nach außen hin die Regierung Markovic nach dem Besuch zweifellos gestärkt worden. Daß Delors Jugoslawien auf die gleiche Stufe wie Polen und die CSFR in bezug auf die Assoziierung mit der EG stellte, war als Wink an die Adresse der Präsidenten der Teilrepubliken gedacht. Doch wie der dramatische Konflikt konkret zu lösen wäre, ließen die EG-Unterhändler im dunkeln. Nachdem Kroatien definitiv die Unabhängigkeit beschlossen hat und am 30. Juni seinen Austritt aus Jugoslawien erklären wird — Slowenien will diesen Schritt schon am 26. Juni machen —, ist die Gefahr bewaffneter Auseinandersetzungen in Jugoslawien weiter gestiegen. Denn Serbien, das machte gerade am Donnerstag Präsident Milosevic noch einmal deutlich, wird keinesfalls zulassen, daß die Serben in getrennten Staaten leben müssen. Damit sind am Stichtag, dem 30.Juni, die weiteren Konfliktlinien vorgezeichnet.

Derweil hält sich die jugoslawische Volksarmee bedeckt. Des Nationalismus unverdächtige „Altdissidenten“ in Belgrad befürchten, daß es am Tag der kroatischen Unabhängigkeit zu einem Eingreifen der Militärs kommen könnte. Das Militär könnte gerade angesichts der EG-Position in dieser Absicht bestärkt werden. Dem steht aber die mit Nachdruck vorgetragene Forderung Delors' gegenüber, an der Demokratisierung Jugoslawiens festzuhalten. Das von Delors und Santer vorgeschlagene Datum für weitere Konkretisierungen der Wirtschaftshilfe ist der 29. Juni, der Tag vor der kroatischen Souveränitätserklärung. Das dann in Luxemburg geschnürte Paket stellt voraussichtlich die nach Unabhängigkeit strebenden Republiken vor die Entscheidung, an der Wirtschaftshilfe teilzuhaben oder von ihr abgekoppelt zu werden.

Einen Hinweis, wie sich die Europäer das zukünftige Jugoslawien konkret vorstellen, gab der bosnische Präsident Alia Izetbegovic, der die Integrität seiner Republik durch die Westeuropäer anerkannt sah. Sowohl Bosnien wie auch Montenegro träten für Republiken ein, die „alle Charakteristiken eines Staates haben“, aber im jugoslawischen Staatsverband verblieben. Die Souveränität der Republiken wäre so den Forderungen Kroatiens und Sloweniens gemäß hergestellt und gleichzeitig dem Wunsche Serbiens entsprochen, daß alle Serben in einem Staat leben können. Angesichts der Entschlossenheit in Zagreb und Ljubljana, an der Souveränität festzuhalten, und andererseits der harten Haltung von Milosevic könnte sich diese Kompromißformel bald als illusionär erweisen.

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