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Unionisten sind isoliert

■ Die britische Regierung geht auf Distanz zu den radikalen nordirischen Protestanten

Unionisten sind isoliert Die britische Regierung geht auf Distanz zu den radikalen nordirischen Protestanten

Der britische Nordirland-Minister Peter Brooke galt bisher als geduldiger Mensch mit durchaus ehrlichen Absichten — selbst bei den militaristischen Fraktionen der beiden Bürgerkriegsparteien. Doch mit der gezielten offiziösen Veröffentlichung der Tatsache, daß die Unionisten den von ihm favorisierten moderaten Lord Carrington als Verhandlungsleiter ablehnen, hat er in den Augen der radikalen nordirischen Protestanten seine Unschuld verloren und sich gegen sie gestellt. Sämtliche Beobachter der politischen Szene Nordirlands — und auch Brooke — wußten, daß der Lord für die Unionisten völlig indiskutabel ist. Offenbar antizipiert Brooke das vorläufige Scheitern seiner Initiative und sucht rechtzeitig die Verantwortung klarzustellen. Die Führer der Unionisten, Ian Paisley und James Molyneaux, stehen mit dem Rücken zur Wand. In diese Situation haben sie sich freilich selbst hineinmanövriert. Seit 1985 versprechen sie den Protestanten, das verhaßte angloirische Abkommen zu Fall zu bringen. Sie haben jedoch nicht damit gerechnet, daß ihr Säbelrasseln in London zum ersten Mal auf taube Ohren stoßen würde. Nachdem jahrzehntelang nur Schreckensmeldungen aus Nordirland drangen, wurde die Brooke-Initiative auf beiden Inseln als „historischer Durchbruch“ verstanden. Doch das kurzzeitig aufflammende Interesse an der allseits ungeliebten Provinz beginnt schon wieder zu erlahmen: Wenn sich die Parteien seit nunmehr fünf Wochen über die eher lapidare Frage eines Gesprächsleiters streiten, wie sollen sie sich dann über elementare Probleme einigen?

Bei einem Scheitern der Gespräche wären die Unionisten die Verlierer. Nachdem die britischen Regierungen lange Zeit mit einer „Teile-und-herrsche-Politik“ ihre Interessen in Nordirland gesichert und die Protestanten mit mittelalterlich anmutenden Privilegien auf Kosten der katholischen Bevölkerungsminderheit ausgerüstet haben, läßt London seine früheren Statthalter nun im Zuge europäischer Entwicklungen und der schwindenden strategischen Bedeutung Nordirlands wie eine heiße Kartoffel fallen. Ralf Sotscheck

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