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Afrikas Staatschefs träumen von der Einheit

■ Nigeria ist ab heute Gastgeber des OAU-Staatengipfels und will seine außenpolitische Handlungsfähigkeit beweisen/ Streit im Vorfeld über Verhältnis zu Südafrika/ Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft soll verwirklicht werden — im Jahr 2025

Berlin (taz) — Hellseherische Fähigkeiten schien die „Organisation Afrikanischer Einheit“ (OAU) im vergangenen Jahr bewiesen zu haben, als sie sich entschloß, ihren diesjährigen Staatengipfel nicht wie gewohnt in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba abzuhalten. Wäre es bei dem kriegsgeschüttelten Addis geblieben — die Konferenz hätte wohl ausfallen müssen. Jetzt treffen sich Afrikas Staatsoberhäupter zum ersten Mal seit 1982 woanders — in Nigerias Phantomhauptstadt Abuja.

Daß der heute beginnende dreitägige OAU-Gipfel in Nigeria stattfindet, ist möglicherweise auch ein Beweis für schleichenden Realitätsgewinn. Die westafrikanische Militärdiktatur sieht sich nämlich zunehmend als wirtschaftlicher und politischer Vorreiter einer afrikanischen Einigung. So liest sich denn auch die Tagesordnung des Gipfels wie eine Aufzählung der außenpolitischen Prioritäten Nigerias.

Dabei geht es vor allem darum, das offenkundige Machtungleichgewicht zwischen dem Ölgiganten mit 120 Millionen Einwohnern und den afrikanischen Zwergstaaten zur Lösung der Konflikte des Kontinentes einzusetzen. Mit der Entsendung einer Friedenstruppe nach Liberia, die sich in den dortigen Bürgerkrieg einschaltete, durchbrach Nigeria letztes Jahr erstmals das geheiligte Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der OAU-Mitglieder. Gleichzeitig wurde zum ersten Mal ein regionaler Wirtschaftszusammenschluß, die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), politisch und militärisch aktiv. Beim Gipfel stehen nun ein innerafrikanisches Interventionsrecht und Schritte zu einem gemeinsamen OAU-Militärkommando zur Debatte — angesichts der Zerfallserscheinungen in vielen afrikanischen Staaten ein brisantes Thema.

Kontrovers ist auch das Verhältnis zu Südafrika. Die Differenzen darüber sind noch dermaßen groß, daß im Vorfeld der Tagung kein gemeinsamer Resolutionsentwurf zustande kam. Die meisten Staaten plädieren für die Aufrechterhaltung von Sanktionen — und verstärken doch gleichzeitig ihre eigenen Kontakte zu Pretoria. Nigeria spricht sich nun dafür aus, de Klerks Reformschritte zu „honorieren“. Ein Vorgeschmack auf eine neue afrikanische Ordnung, in der Nigeria und Südafrika gemeinsam die Führungsrolle auf dem Kontinent übernehmen?

An grandiosen Zukunftsentwürfen fehlt es in OAU-Kreisen nicht. In Abuja soll sogar der Traum einer „Afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (AEC) Wirklichkeit werden. Der Mammutvertrag aus 106 Artikeln, der dieser Tage verabschiedet werden soll, sieht vor, bis zum Jahr 2025 ein wirtschaftlich und politisch geeintes Afrika zu schaffen, mit einem gemeinsamen Binnenmarkt und panafrikanischen Parlament.

Die Idee der AEC schlummert jedoch schon seit 23 Jahren in den Resolutionen der OAU. Und auch heute glaubt niemand so recht daran. In Kraft tritt die AEC-Vereinbarung erst, nachdem zwei Drittel der OAU- Mitgliedsstaaten sie auch ratifiziert haben — ein Prozeß, der noch viele Jahre dauern könnte. „Die gesamten institutionellen Strukturen der Integration Afrikas lassen sich als Kopfgeburten einer Elite beschreiben“, meint Adebayo Adedeji, der UN- Wirtschaftskommissar für Afrika. „Sie schließen nicht nur die Masse der Bevölkerung aus — nicht einmal Wirtschaftsverbände sind einbezogen. Sie vereinen nur einen winzigen Bruchteil der Bevölkerung der betroffenen Staaten.“ Dominic Johnson

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