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Harte Schalen — keine Kerne

■ Der Architekt und Bildhauer Toni Follina im Lichthof der TU

Der spektakulärste Wettbewerbsbeitrag für das Neue Akropolis Museum, Athen, kam 1990 aus Treviso: Toni Follina, italienischer Bildhauer und Architekt, entwarf ein riesiges Höhlenmuseum, in dem die antiken Plastiken entlang zweier Maulwurfsröhren aufgreiht werden sollten. Ein kolossaler Eingang führte gewissermaßen in die unterirdischen Welten. Follinas Idee war, die uralte Kunst wie ein kostbarer Schatz wieder ins Erdinnere einzuschließen, um die verschütteten Zeiten vor den Angriffen der Gegenwart — atombombensicher — zu bewahren; die felsenfeste Vorstellung war dem steinfressenden Athener Smog zu danken.

Auch die Bauten des Architekten, die in einer Retrospektive im Lichthof der TU Berlin zu Follinas 50. Geburtstag zu sehen sind, erinnern an gut gebaute Festungen. Die Landhäuser und Villen bilden zumeist Karres, die sich an den Außenwänden verschlossen zeigen. Mit dicken Sichtbetonmauern wird eine Schwere in der Architektur erzeugt, so daß der Eindruck entsteht, die kompakten Bauten hocken wie trutzige Wehrburgen in der flachen norditalienischen Landschaft. Das Material läßt Follina unverputzt, damit der rauhe, handwerkliche Charakter deutlich zum Vorschein kommt. Sind die Bauten aufgestelzt, wie etwa die mächtigen Blocks der Grundschule in Jesolo (1975) oder das Haus über den Grundmauern eines Teils des Forum Romanos (1987), erinnern die Stützen an archaische Säulen. Zum Innenhof hin öffnet Follina die Häuser fast vollständig. Eine Glashaut gibt den Bauten dort Transparenz und Schwerelosigkeit. Die plastischen Eigenschaften in der Architektur sind zurückgetreten zugunsten offener Raumerlebnisse gleich den traditionellen Landhäusern mit Atrium und Galerie.

Zu Follinas Vorlieben für die Materialität und Geometrie, Handwerk und Plastizität in der Architektur kommen noch zwei weitere Eigenschaften, die den Scarpa-Schüler Follina berühmt machten: nämlich sein moderner Umgang mit historischer Bausubstanz und das Experimentieren mit neuen Techniken. So war der Wiederaufbau des Krankenhauskomplexes von Serravalle in Vittorio Veneto (1978-87) geprägt von einem komplexen Neuentwurf des Innenhofs und einem in Beton ausgeführten Eingang, der sich wie eine Nahtstelle zwischen alt und neu klemmt. Die Verwendung moderner Materialien und einer unabhängigen Architektursprache zeigt die Erneuerung des barocken Rathaussaals von Nervesa della Battaglia (1983). Die Kontrastierung von erhaltener Bausubstanz mit neuwertigem Stahl und Holz ergibt eine innovative Steigerung des Baus. Die Materialien und Konstruktionen sind sichtbar. Eine High-Tech-Takelage spannt sich unter das Dach, das wie eine Haube auf den alten Mauern sitzt. Barock und Moderne stehen im Diskus zwischen Kontinuität und Diskontinuität. rola

Die Ausstellung ist bis zum 21. Juni täglich von 10 bis 20 Uhr im Lichthof der TU Berlin zu sehen. Es erscheint ein Katalog in italienischer Sprache.

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