: Recht auf Sozialhilfe
■ Ab 1. Juli kommen auf BürgerInnen in Ost-Berlin weitere Kosten zu/ Keine Scheu vor Sozialhilfe
Berlin. Die Menschen im Osten müssen ihren Anspruch auf Sozialhilfe wahrnehmen. Der Staat hätte sie durch den Einigungsvertrag in diese Lage gebracht, nun hätten sie das Recht, vom Staat Hilfe zu erwarten. Dies betonte gestern der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Bernd Köppl. Hintergrund sind die zunehmenden Kosten, die ab dem 1. Juli 1991 unter anderem bei der Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitswesens auf die BürgerInnen der ehemaligen DDR zukommen. Sowohl die Arbeitslosen — im Herbst rechnet Köppl in Ost-Berlin mit mindestens 300.000 — sowie die vielen Niedrigrentenbezieher erhielten Zuwendungen, deren Höhe meist nur knapp über dem Sozialhilfesatz liege. Müßten sie dann auch noch nach dem 1. Juli 50 Prozent der Leistungen im Gesundheitswesen aus eigener Tasche bezahlen, »werden die armen Leute an der gesundheitlichen Vorsorge sparen und die Inanspruchnahme von Leistungen auf ein Minimum beschränken«.
Die Veränderungen im einzelnen: Für die Kosten kieferorthopädischer Behandlung müssen 10 Prozent der entstehenden Sach- und Behandlungskosten zugezahlt werden. Verordnete Arzneimittel kosten pro Medikament 1,50 Mark. Fünf Prozent der Behandlungskosten müssen bei Heilmitteln — dazu zählen auch Krankengymnastik, Bewegungs- und Beschäftigungstherapie — zugezahlt werden. Vorsorgekuren für Mütter kosten 5 Mark pro Tag und jeder Krankenhausaufenthalt in den ersten 14 Tagen 2,50 Mark pro Tag. Für die Inanspruchnahme von Fahrten zum Arzt oder zur stationären Behandlung müssen pro Fahrt 10 Mark hingeblättert werden. Nur wer orthopädische Schuhe braucht, muß lediglich die Hälfte des geltenden Erstattungssatzes zuzahlen.
Köppl empfiehlt deshalb den Ostberliner Bürgern, sich nicht zu scheuen, das Sozialamt in ihrem jeweiligen Bezirk aufzusuchen, um wenigstens einen Teil der jetzt anfallenden Krankenkosten über die Sozialhilfe finanzieren zu lassen. Es gäbe sowohl die Möglichkeit, laufende Hilfe zum Lebensunterhalt wie auch Hilfen für besondere Lebenslagen zu beantragen. maz
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