: Scharping will Volk zum GG befragen
■ Regierungserklärung des ersten SPD-Ministerpräsidenten in Rheinland-Pfalz
Mainz (ap) — Zum ersten Mal gab gestern ein SPD-Ministerpräsident im Mainzer Landtag seine politischen Vorstellungen für die nächste Legislaturperiode zum besten. Eine Volksabstimmung über das „zur Verfassung des geeinten Deutschlands weiterzuentwickelnde Grundgesetz“ forderte der frischgebackene Regierungschef von Rheinland- Pfalz, Rudolf Scharping, in seiner Regierungserklärung. Er kündigte eine reformerische Politik an, die das Land zielbewußt voranbringen solle und nicht darauf abziele, „mit allem Vorhandenen zu brechen“.
Scharping sagte, daß er in seiner Politik einen „Stil der Offenheit und Dialogbereitschaft“ pflegen wolle. Seine Regierung wolle auch die Anliegen von denen berücksichtigen, „die sich bei Wahlen mit eigener Stimme kein Gehör verschaffen können“. Dies gelte beispielsweise für die Kinder.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident kündigte auch an, seine Regierung wolle das Angebot an Kindergartenplätzen erhöhen. Zusätzliche Investitionsförderung soll ein vermehrtes Angebot an Krippen und Horten und außerdem neue Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau schaffen. Auf diese Weise soll das „Umfeld von Wohnen und Spielen kinderfreundlicher“ gestaltet werden.
In der Umweltpolitik ging Scharping mit seinen Vorgängern hart ins Gericht. Er warf der rheinland-pfälzischen CDU vor, durch mangelnde Müllentsorgungskonzepte Standortnachteile für Industrieansiedlungen bewußt in Kauf genommen zu haben. Scharping will die dioxinbelastete pfälzische Sondermülldeponie Gerolsheim schließen und verkündete, daß er zukünftig auf eine Hochsicherheitsdeponie und Müllverbrennung setzen wolle. Die neue Landesregierung will das Verbandsklagerecht einführen.
Verbesserungen kündigte Scharping beim öffentlichen Personennahverkehr an. Auch der Mittelstand solle gefördert werden. Zusätzlich erwähnte er die Schwerpunkte Frauenförderung, den Ausbau von Wissenschaft und Forschung und die Versorgung des Landes mit Studienplätzen. Scharping sprach von einer „schrittweisen Herstellung der Konkurrenzfähigkeit des Landes“, das nach langjähriger CDU-Herrschaft deutliche Defizite erkennen lasse.
Der SPD-Ministerpräsident will auch das kulturelle Bild des Landes verbessern. Er versprach seinen Landeskindern: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Die Eltern sollten mehr Mitwirkungsrechte an den Schulen erhalten. Verbessert werden solle auch das Personalvertretungsrecht. ArbeitnehmerInnen aus dem Militärbereich will Scharping zudem zu einer Arbeitsgruppe „Rüstungs- und Standortkonversion“ hinzuziehen, damit die dort auftretenden Probleme gemeinsam angegangen werden könnten.
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