: Werner Lenz soll über Infas stürzen
■ CDU stellt Mißtrauensantrag gegen Bremerhavens starken SPD-Mann
In etwa 1.000 Bremerhavener Haushalten klingelte in den vergangenen Wochen das Telefon, und eine freundliche Stimme bat darum, ein paar Fragen stellen zu dürfen. Das Meinungsforschungsinstitut Infas wollte wissen, was die BremerhavenerInnen von der Wirtschaftspolitik im allgemeinen und von bestimmten Programmen im besonderen halten. Nach den Wirtschaftsfragen wurde es dann allgemeiner: Welche Meinung die Befragten von den einzelnen Parteien hätten, wen sie für besonders bedeutende Bremerhavener Personen hielten usw. Was die Meinungsforscher zumindest in mehreren Fällen nicht mitteilten: Daß es nicht um eine, sondern um zwei Umfragen ging.
Die eine davon war vom Wirtschaftsausschuß der Stadt in Auftrag gegeben worden, nachdem sich Bremerhavens Wirtschaftsdezernent Werner Lenz dafür stark gemacht hatte. Für die andere Umfrage zeichnete der Vorstand des Unterbezirks Bremerhaven der SPD verantwortlich. Vorsitzender Werner Lenz.
Für die CDU war das gestern Anlaß, den Rücktritt von Werner Lenz zu fordern und einen Mißtrauens-Antrag für die nächste Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten. Begründung: „Eklatanter Amtsmißbrauch wegen der Vermischung von Stadtangelegenheiten mit Parteigeschäften.“ Die CDU mutmaßt nämlich, daß Lenz den Parteiauftrag zu einem billigeren Preis bekommen hat, weil er Infas den 100.000 Marks-Auftrag der Stadt nebenbei vermittelte. Und die Grünen meinen, daß Lenz den Wirtschaftsausschuß „eklatant getäuscht“ habe. In diesem Ausschuß habe Lenz dementiert, daß der städtische Fragenkatalog durch zusätzliche Fragen erweitert worden sei.
Für Werner Lenz sind die CDU-Anwürfe dagegen „völliger Quatsch“. Die SPD lasse bereits seit „20-25 Jahren“ von Infas Umfragen zur politischen Situation erstellen. Einen Rabatt für das Zusatzgeschäft könne er sich „nicht vorstellen.“ Er gehe davon aus, daß die Kosten für die Umfrage mit denen vergangener Jahre vergleichbar seien. Außerdem sei die SPD bereits im Dezember 1990 an Infas herangetreten, die Auftragsvergabe durch den Wirtschaftsausschuß sei dagegen erst im Februar erfolgt. Und außerdem: „Glauben Sie, ich würde mir das antun, wo das jeder nachvollziehen kann? Dazu bin ich schon zu lange im politischen Geschäft.“ hbk
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