: Nato für Zusammenarbeit mit Osteuropa
■ Gemeinsame Erklärung der Außenminister drohte am Widerstand Frankreichs zu scheitern
Kopenhagen (dpa/afp/taz) — Als Beitrag für eine gesamteuropäische Friedensordnung hat die Nato den Ländern Mittel- und Osteuropas einen umfassenden Ausbau der Zusammenarbeit angeboten. Die Vorschläge, die die Außenminister der westlichen Allianz gestern auf ihrer Frühjahrstagung in Kopenhagen machten, gelten auch in vollem Umfang für die Sowjetunion. Gleichzeitig forderten sie Moskau auf, „echte Verhandlungen“ mit den demokratisch gewählten Vertretern der drei baltischen Republiken zu führen. Gleichzeitig sollten alle Beteiligten Zurückhaltung üben.
Allerdings wäre die gemeinsame Erklärung fast am Widerstand Frankreichs gescheitert, das eine Kooperation mit den osteuropäischen Staaten durch die KSZE, nicht aber durch die von den USA dominierte Nato gesichert sehen will. Frankreich hatte sich bereits im Vorfeld der Verhandlungen gegen eine zu starke Ausweitung der politischen Rolle der Nato gewehrt.
In der gemeinsamen Erklärung wird denn auch nur in sehr allgemeinen Formulierungen auf die KSZE Bezug genommen, während die neuen Aufgaben der Nato explizit formuliert sind. Unter anderem werden intensivierte Militärkontakte auf höherer Ebene vorgeschlagen. Dabei könne man unter anderem im Nato-Hauptquartier und anderen hohen Kommandobehörden über „Angelegenheiten gemeinsamen Interesses“ sprechen. Gleichzeitig schlägt die Allianz Expertentreffen über Militärstrategien und -doktrinen, Kontakte zwischen den osteuropäischen Parlamenten und der Nordatlantischen Versammlung und die Teilnahme osteuropäischer Experten an bestimmten Bündnisveranstaltungen vor.
Aus Rücksicht auf die sowjetischen Sicherheitsinteressen hat die Nato jede Form von Sicherheitsgarantien für die mittel- und osteuropäischen Staaten vermieden. Man wolle weder einseitige Vorteile aus der gewandelten Lage in Europa ziehen noch die legitimen Interessen irgendeines Staates gefährden. „Wir wünschen kein Land zu isolieren, ebensowenig wie eine neue Teilung des Kontinents“, heißt es in bezug auf die Sowjetunion.
Wie am Rande des Nato-Frühjahrstreffen bekannt wurde, will US- Außenminister James Baker offenbar bald seinen sowjetischen Amtskollegen Alexander Bessmertnych treffen, um erneut über die START- Verhandlungen zu sprechen. Moskau und Washington hatten in der vergangenen Woche entschieden, sobald wie möglich die Verhandlungen über die Reduzierung der strategischen Atomwaffen wiederaufzunehmen, damit US-Präsident George Bush und der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow in Moskau zu einem Gipfeltretten zusammenkommen könnten. Baker räumte ein, daß es zur Zeit in der Bush-Administration Streitigkeiten über das START-Abkommen gibt, weswegen der US-Unterhändler Reginald Bartholomew seit Tagen in Washington auf Instruktionen wartet, bevor er nach Genf zu weiteren Gesprächen mit dem sowjetischen Unterhändler abfliegt.
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