: Sockenschuß
■ Bremen ist nicht Afrika
Kommt und tanzt barfuß, meine Schwestern, denn der Rasen an der Weser ist wie der Sand in Ghana. Kleidet Euch, wie Ihr seit einem Jahrhundert die Schwarzen anzieht in Euren Köpfen, mit weiten Pluderhosen aus dem Näh-Encounter mit NadelInnen und FadenInnen, mit Tand, Schand' und Schund, und tanzt Geburt und Tod nach den strengen Riten der Wilden aus Ghana und dem Ostertor.
Was passiert, wenn foxtrottverwöhnte Tanzschulenabsolventinnen jeden grobmotorischen Anstand und ihr Herz an Afrika verlieren? Die Bremer Tanzgruppe Baajo zeigte es aufdringlich eindringlich am Donnerstag nachmittag auf der Breminale: Zu ghanesischen Rhythmen versagte die weiße Stützmuskulatur der 14 Tänzerinnen ihre Dienste. Verdrehte Augen zu verdrehten Bewegungen: Implosionen einer Leidenschaft: Ein Herz für Kinder und Schwarze.
Armes Afrika! 120 Jahre nach der Kolonisation mußt Du jetzt mit ansehen, wie sich die Weißen öffentlich über Deine Kulturen auch noch lustig machen, nachdem sie sie hemmungslos zerstört haben. Handgerührte Trommeln aus dem Holz der Vorgartenfichte, bespannt mit dem Fell einer selbsterlegten Ziege, und dazu der neokoloniale Wunsch nach einer schwarzen Haut: Au weia, Baajo.
Markus Daschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen