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Schutzgelderpressung am Ku'damm

■ 13 Festnahmen bei Schlägerei zwischen 20 jugoslawischen Hütchenspielern und 30 Arabern/ Polizist schießt in die Luft/ Kripo beschlagnahmt »Rambo-Überlebensmesser«, Macheten und einen Morgenstern/ Hintergrund sind Schutzgeldforderungen

Wilmersdorf. Der schon länger schwelende Konflikt zwischen jugoslawischen Hütchenspielern und einigen arabischen Staatsbürgern hat sich Donnerstag abend gefährlich zugespitzt. Nach Polizeiangaben kam es in den Abendstunden zu einer Schlägerei zwischen 20 aus Jugoslawien stammenden Spielern und 30 Arabern. Gegen 19 Uhr hatten Zivilpolizisten am Breitscheidplatz eine Ansammlung der Jugoslawen bemerkt. Eine Polizeistreife, die den Bereich überprüfen sollte, sei den Arabern, die Messer und »Schlagwaffen« in den Händen gehabt hätten, sozusagen in die Arme gelaufen. In einem Restaurant in der Grolmanstraße nahm die Polizei sieben Jugoslawen fest, die ebenfalls bewaffnet gewesen sein sollen, berichtete Polizeisprecher Bert Müller.

Nach den Festnahmen kam es zu einem schweren Zwischenfall an der Ecke Grolman-/Uhlandstraße: Ein Polizist gab einen Warnschuß in die Luft ab, weil mehrere jugoslawische Personen mit Eisenstangen auf den Beamten losschlagen wollten. Insgesamt wurden 13 Personen festgenommen — der jüngste 17, der älteste 29 Jahre alt. Die Polizei beschlagnahmte dabei vier Spring- sowie ein »Rambo-Überlebensmesser«, zwei Macheten, sechs Eisenstangen und einen Morgenstern — einen Holzstab mit Kette und dorniger Eisenkugel. Insgesamt waren 70 Beamte im Einsatz. 10 der Festgenommenen waren gestern wieder auf freiem Fuß. Gegen einen wird jetzt wegen versuchter Tötung eines Polizisten ermittelt.

Ein Hütchenspieler behauptete gegenüber der taz, daß lediglich der Kumpel mit Eisenstange auf den Polizisten zugelaufen sei — nicht um auf den Gesetzeshüter einzuschlagen, sondern um vor dem Kontrahenten zu flüchten.

Hintergrund des Konflikts sollen nach Angaben der Jugoslawen Schutzgelderpressungen sein. Vor drei Wochen hätten die Araber Scheine gefordert. »Weil wir uns selbst schützen können, haben wir abgelehnt«, sagte einer der Glücksspieler, der in einer Pension am Ku'damm wohnt. Nach einer folgenden Schlägerei mußte ein Araber ins Krankenhaus. Man wollte sich entschuldigen und dem Verletzten mit Geld helfen, doch die Araber hätten nicht reden wollen — behauptete der Jugoslawe. Vor kurzem hatten die Araber einen Hütchenspieler mit Messern traktiert.

Ein Zivilpolizist redete gestern nachmittag mit den Hütchenspielern an dem Ort, wo ein Tag vorher sein Kollege in die Luft geschossen hatte, ein ernstes Wörtchen: »Wenn ihr euch mit Tränengas ausrüstet, drücken wir ein Auge zu, aber wenn ihr euch Messer und Schußwaffen besorgt, dann mache ich mit euch alles, was ich kann.« Das Dutzend jugoslawischer Bürger stand um den Kommissar von der Direktion City herum, der es sich auf der Lehne einer Bank bequem gemacht hatte. Die Gruppe zeigte die Innenseiten ihrer Jackets und Jacken: »Sind wir bewaffnet?« Der Zivilpolizist riet ihnen: »Wenn die Araber kommen, haut ab.« Bei Ärger sollen sie ihm und seinem Kollegen Bescheid geben. »Ihr kennt uns und unsere zwei Wagen«, sagte der leger mit Blue-Jeans und gelbem T-Shirt gekleidete Kripo-Mann. Und das sei wohl klar, die nächsten zwei, drei Tage werde nicht gespielt. »Wenn wir euch sehen, nehmen wir das Geld weg.«

Die CDU nutzte den Vorfall sofort für billige Stimmungsmache. Es könne nicht angehen, daß Betrug und verbotenes Glücksspiel ungesühnt bleiben, während Falschparker zur Kasse gebeten werden. Dirk Wildt

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