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Wenn der Stolti zweimal klingelt

■ Mit einer »Tauglichkeitsüberprüfung« überraschten Beamte vom Kreiswehrersatzam Siegried Schröer/ Wehrdienst schon vor neun Jahren abgeleistet/ »Überflüssige Schikane«

»Blaue Montage«, die nach einer Verlängerung des abgelaufenen Wochenendes schreien, kennt jedeR. Für den Neuköllner Siegfried Schröer wurde der gestrige Wochenbeginn zum olivgrünen Montag. Gegen 6 Uhr 50 am Morgen klopfte es heftig an der Tür des 28jährigen Mannes aus der Sonnenallee. Polizisten verlangten lautstark Einlaß. Und — was war ihr Begehr: eine »polizeiliche Vorführung« von Schröer beim Kreiswehrersatzamt (KWEA) in Treptow. Es gehe um eine »Tauglichkeitsüberprüfung«. Nach dem Vorzeigen des richterlichen Beschlusses nahmen die uniformierten Beamten den Mann mit auf die Wache. Von dort aus wurde er in einem Gefangenentransporter nach Treptow gebracht.

Warum die eifrig Personal abbauende Bundeswehr so heftiges Interesse am ihm hatte, ist Schröer, der seinen 15monatigen Wehrdienst schon vor acht Jahren in der »5-Seen- Kaserne« in Plön abgeleistet hatte, ziemlich schleierhaft. Auch an einer Reserveübung hatte der gebürtige Neumünsteraner zwei Jahre später teilgenommen. Zwischendurch erhielt er seine offizielle, vom Bundespräsidenten unterzeichnete Wehrdienstentlassung. Zu weiteren Übungen erschien Schröer nicht — wegen eines Kreuzbandrisses und seines inzwischen in Berlin aufgenommenen Studiums der Energie- und Versorgungstechnik. Auch zwei Anschreiben des KWEA zur Vorladung in Treptow vom Anfang dieses Jahres beantwortete Schröer nur mit formlosen Hinweisen auf sein Studium.

Gestern in den Amtsräumen verweigerte Schröer jegliche Untersuchungen und geforderte Unterschriften. »Wer will denn hier was von wem?« mußte sich der Wehrersatz- Beamte sagen lassen. Er drohte daraufhin damit, »eine Aktennotiz« anzufertigen und ließ Schröer noch einige Minuten in einem Nebenraum warten. Nach einer weiteren verbalen Auseinandersetzung durfte Schröer schließlich ohne Polizei das KWEA verlassen.

Die Polizei bestätigte gestern ihren Einsatz, während das Kreiswehrersatzamt für die taz nicht zu sprechen war. Die »Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär« bezeichnete den Vorfall als »möglich im Rahmen der Soll- und Kann-Bestimmungen des Gesetzes«, er sei aber eine »überflüssige Schikane«. Der Rechtsanwalt Kajo Frings, spezialisiert auf Wehrrecht und Verweigerung, meinte: »Das ist eine theoretische Möglichkeit. Diese rigide Praxis ist aber bislang in Berlin nicht vorgekommen.« Normalerweise werde ein solcher Fall per »Schriftverkehr und Aktenverfahren« erledigt. Frings: »Wenn sich viele Leute wie dieser Mann verhalten, dann kriegen die Behörden viel Arbeit.« kotte

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