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Politischer Vereinnahmungsversuch

■ Betr.: "In der heilen DDR-Welt schlug man nicht", taz vom 18.5.91

betr.: „In der heilen DDR-Welt schlug man nicht“,

taz vom 18.5.91

Es fehlt die sehr wichtige Unterscheidung in autonome Frauenhäuser einerseits und Gegenhäuser, das heißt Frauenhäuser von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Kommunen andererseits. Sicher gibt es mittlerweile konzeptionelle Überschneidungen bei einzelnen Häusern; insgesamt aber sind Arbeitsweisen und Ziele sehr unterschiedlich. Bei uns sind das: Hierarchiefreiheit, keine Zusammenarbeit mit Ämtern und Behörden, keine Männer im Haus, Unterstützung der Eigenständigkeit der Bewohnerinnen, Eingebundensein der Projekte in die autonome Frauenbewegung.

Bei den Gegenhäusern in der Regel: heimähnliche Konzepte, das heißt auch MitarbeiterInnenhierarchie, Männer dürfen ins Haus, oft gibt's sogar Mitarbeiter, Bevormundung der Bewohnerinnen; Eheberatung im Frauenhaus ist da nur ein zynisches Beispiel.

Erst nachdem durch unsere jahrelange Arbeit in der Öffentlichkeit nicht mehr bestritten werden konnte, daß Gewalt gegen Frauen permanent und überall stattfindet, sahen Wohlfahrtsverbände etc. dieses neue Betätigungsfeld für sich. Ein politischer Vereinnahmungsversuch, wie es ihn zum Beispiel bei der Jugendzentrumsbewegung auch gegeben hat.

Euer Artikel handelt von den neuen Frauenhäusern in der ehemaligen DDR. Da wäre es gerade wichtig zu benennen, daß dort autonome Initiativen keinen Fuß auf den Boden bekommen, daß fast alle bestehenden Häuser Gegenhäuser sind, und daß zum Beispiel die Bundesfrauenministerin Merkel auch genau das will. Sie plant ein Frauenhausfinanzierungsgesetz, welches langfristig auf die Ausschaltung der Autonomen abzielt. Was auch für die autonome Frauenbewegung ein Schlag wäre. Frauenhausinitiative

Kassel e.V.

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