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Cholera-Angst hilft der Wirtschaft

■ Die Furcht vor der grassierenden Seuche läßt in Brasilien die Inflationsrate schrumpfen

Rio de Janeiro (ips/taz) — Ist es die Angst vor der Cholera? Oder doch eher ein Erfolg der brasilianischen Wirtschaftspolitik? Die Inflationsrate jedenfalls lag zwischen Ende April und Ende Mai deutlich niedriger als zuvor. Eine Expertengruppe glaubt nun, daß der Rückgang auf 5,6 Prozent zwischen dem 24. April und 24. Mai (im Monat Januar hatte sie noch 20,21 Prozent betragen) mit der in Südamerika grassierenden Cholera zusammenhängt: Die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung hat demnach den Konsum von Früchten, Gemüse und Fisch drastisch eingeschränkt, da diese als mögliche Ansteckungsquellen gelten, fanden die Wissenschaftler des Instituts für Wirtschaftsstudien (Fipe) heraus. Obst und Gemüse stellen einen erheblichen Teil des Warenkorbs dar, an dessen Kosten die Inflation gemessen wird.

Am Preis des Kopfsalats erläutern die Wissenschaftler ihre Erklärung für den unerwartet niedrigen Wert: Anfang Mai kostete ein grüner Salat noch 30 Centavos. Einen Monat später war sein Preis in den Läden und auf den Märkten auf weniger als zehn Centavos gefallen.

Ob auf die Furcht vor der Cholera zurückzuführen oder nicht, das Sinken der Inflationsrate hat in der Wirtschaftsriege der Regierung Erleichterung ausgelöst. „Das läßt uns ein bißchen Luft zum Atmen und mehr Zeit, um in Ruhe über die Zukunft nachzudenken“, sagte Wirtschaftsstaatssekretärin Dorothea Werneck, der die Preiskontrolle untersteht.

Ihr Kollege Robert Macedo, Staatssekretär für Wirtschaftspolitik, macht weder die Cholera noch den Rückgang der Preise für Früchte und Gemüse für den geringeren Inflationsanstieg verantwortlich. „Es ist das Resultat wirtschaftspolitischer Maßnahmen, die in der Vergangenheit getroffen worden sind und jetzt erst angefangen haben, ihre Wirkung zu entfalten“, lobt er die Politik seines Ministers. Brasiliens Wirtschaftsminister Marcilio Marques Moreira kommt die niedrigere Inflationsrate jedenfalls hervorragend zu Paß: Er bereitet gerade eine Konferenz zur Bewertung seiner ersten 30 Tage im Amt vor.

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