: Kurdenführer: Saddam spielt auf Zeit
Istanbul (ap/afp/taz) — Der kurdische Oppositionspolitiker und Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Dschalal Talabani, hat die alliierten Truppen aufgefordert, erst nach dem Abschluß eines Abkommens zwischen den Kurden und der irakischen Führung abzuziehen. Andernfalls werde es zu einer neuen Fluchtwelle kommen, warnte Talabani. Die irakische Regierung verzögere die Verhandlungen und versuche derzeit, den möglichst schnellen Abzug der internationalen Truppen als Druckmittel in den Gesprächen mit den Kurden einzusetzen.
Der Kurdenpolitiker war am Samstag in die Türkei gereist. Nach Gesprächen mit der Führung der türkischen Sozialdemokratischen Volkspartei (SHP) betonten beide Seiten, alle Iraker, gleich welcher ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, sollten in den Genuß demokratischer Rechte kommen.
Die SHP hatte noch vor kurzem mehrere kurdische Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen, weil diese an einer internationalen Kurdenkonferenz in Paris teilgenommen hatten. Talabani will in Istanbul am Treffen der Sozialistischen Internationale teilnehmen, das heute beginnt und morgen fortgesetzt wird.
Unterdessen hat sich offenbar die Situation der rund 700.000 schiitischen Flüchtlinge im Süden des Iraks verschärft. Nach Berichten von Radio Teheran haben irakische Regierungstruppen „vorbereitende Angriffe“ gegen Hunderttausende von Schiiten eingeleitet, denen vermutlich eine großangelegte Offensive folgen werde. Der Sender berief sich am Montag auf einen geheimen Bericht von UNO-Beobachtern im südlichen Irak an die Zentrale der Vereinten Nationen in New York (die taz berichtete).
Nach Angaben dieser Beobachter haben die Regierungstruppen die ins südirakische Marschland geflüchteten Schiiten mit Panzern, gepanzerten Fahrzeugen und Kampfhubschraubern angegriffen. Es sei zu befürchten, daß diese Vorstöße „in den nächsten Tagen in die erwarteten umfassenden Angriffe übergehen werden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen