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Schauburg zeigt: "Akira"

■ Weltuntergang im Comicland

Eine der Lieblingsbeschäftigungen japanischer Filmemacher scheint es zu sein, Tokio zu zerstören. In „Akira“ gönnt sich Katsuhiro Otomo, der Regiseur des Zeichentrickfilms und Schöpfer der ihm zugrundeliegenden Comicserie, dieses Vergnügen gleich zweimal: noch vor den Anfangstiteln versinkt die Stadt in einer atomaren Katastrophe. Aber nur, um als flugs neugebautes „Neo-Tokio“ am Ende mit Pauken und Trompeten wieder kaputtgemacht zu werden.

Nicht nur durch diese destruktive Grundhaltung ist „Akira“ ein direkter Nachkomme des wandelnden Corned-Beef-Berges „Godzilla“. Bei beiden sind durch wissenschaftliche und militärische Aktionen neue, von den Menschen nicht beherrschbare Lebensformen entstanden, deren Kräfte im Laufe der Filmhandlung immer phantastischer und allmächtiger werden.

In Japan werden Comics, (die sogenannten „Mangas“) nicht nur millionen-sondern milliardenfach verschlungen, und „Akira“ ist eine der erfolgreichsten Serien. Die Monster in „Akira“ sind Kinder mit übersinnlichen Fähigkeiten, die in Labors aufwachsen und mit Drogen manipuliert werden. Zu deren Geschichte, die schnurstracks in die Apokalypse führt, hat Otomo wilde, junge Helden auf supermoderne Motorrädern gepackt — dazu viele Kämpfe, Verfolgungsjagden und Comicfiguren, die zwar genauso zugerichtet werden wie Bugs Bunny und Schweinchen Dick, danach aber nicht fröhlich weitermachen, sondern im knallig gemalten Blut liegenbleiben.

Dialoge sind nicht die Stärke des Comicmachers Otomo, und die einzelnen Teile der Story sind oft recht hanebüchen aneinandergekleistert. Technisch ist „Akira“ aber voll auf der Höhe seiner Zeit. Mit riesigem Aufwand wurden die Zeichnungen so realistisch animiert, wie es auch die neuesten Graphikcomputer der Disneystudios nicht besser können. Der Raumklang, die Musik, die Farben, Details und Hintergründe — alles ist perfekt ausgeführt und koordiniert: Dem Sog dieser schön gemalten, beweglichen Bilder kann man sich trotz aller Vorbehalte nur schwer entziehen.

Otomo selber spricht nicht gerade bescheiden über sein Werk: „Ich fühlte die Herausforderung, das größte Schauspiel, die großartigste Katharsis aller Welt zu schaffen.“ Mir fällt zu diesem Film eher die Redewendung eines anderen starken, aber viel sympathischeren Comic-Helden ein: „Die spinnen, die Japaner.“ Wilfried Hippen

15.45, 21.00, 23.15 Uhr

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