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Sozialstiftung verliert vorm Arbeitsgericht zweimal

■ Hans-Wendt-Stiftung will Therapeutin mit allen Mitteln rausschmeißen

Wer glaubt, eine dem Sozialsenator zugeordnete Sozialstiftung würde mit ihren Mitarbeiterinnen sozial umgehen, der irrt. Dies demonstriert gerade die wegen Unterschlagungen ins Gerede gekommene Hans-Wendt-Stiftung. Vor dem Bremer Arbeitsgericht verlor die Stiftung gestern zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen (vgl. taz 30.5.).

Hatte vor zwei Wochen das Arbeitsgericht keinen Grund gesehen, warum Anne Albers, langjährige Angestellte der Stiftung, keinen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum Gerichtstermin über die Kündigung haben sollte, so ging es diesmal um die Kündigung selbst. Das Arbeitsgericht sah die als unbegründet an.

Obwohl die Stiftung durch das frühere Urteil verpflichtet war, Anne Albers weiter zu beschäftigen, wollte Hans-Wendt-Geschäftsführer Strunk sie Anfang Juni versetzen: Anstelle ihrer therapeutischen Arbeit mit den Kindern sollte sie eine „Literaturübersicht“ seit 1980 fertigstellen zum Thema „Familienarbeit mit deklassierten Familien“. Der Vermerk des Geschäftsführers legt in geradezu erniedrigender Weise „Präsenzpflicht“ in einem zugewiesenen Raum „ohne Telefon“ fest und stellt klar, daß es noch offen ist, ob eine Schreibkraft mit den Ergebnisse der „Literaturübersicht“ befaßt werden soll: „Die Arbeitsergebnisse sind in Form eines Diktates vorzulegen. Über den Zeitpunkt des Schreibens entscheidet die Geschäftsführung. Die direkte Beauftragung der Schreibtkräfte der Hans-Wendt-Stiftung durch Frau Albers ist nicht gestattet.“ Da die Geschäftsführung nicht einmal den Betriebsrat zu der Zwangsversetzung befragt hatte, war sie schlicht arbeitsrechtswidrig.

Die Psychologin widersetzte sich diesem schikanösen Verhalten. Dies wiederum wollte die Stiftung gestern vor Gericht zur Begründung für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindung nehmen nach dem Motto: Zwar war die Kündigung rechtswidrig, aber wie Frau Albers sich dagegen gewehrt hat, zerstörte das Vertrauensverhältnis. Arbeitsrichter Zwanziger machte auch das nicht mit — Anne Albers gewann das Verfahren unter allen Gesichtspunkten.

Der sachliche Hintergrund macht den arbeitsrechtlichen Fall besonders absurd. Die Gruppe, die Anne Albers psychologisch betreut, besteht derzeit aus 2-3 Kindern, zum Sommer werden die Kinder in den normalen Kindertagesstättenbetrieb integriert. Die Begründung für den Rausschmiß der Psychologin sind deshalb auch grundsätzlicher Art: Der „Kostenträger“ habe „zum Ausdruck gebracht“, daß er die therapeutische Arbeit von Anne Albers nicht mehr akzeptiere. Der „Kostenträger“ der Hans- Wendt-Projekte ist aber der Sozialsenator und also Stiftungs-Vorstand.

Die Kündigung kurz vor dem Ende des Monats März war exakt so getimed, daß die langjährige Hans-Wendt-Angestellte ihr Weihnachtsgeld zurückzahlen müßte. Seit März hat sie zudem keinen Lohn mehr ausgezahlt bekommen. Die Stiftung kassierte derweil die Beträge für die therapeutische Betreuung der zwei Kinder durch Anne Albers locker vom Sozialamt weiter. K.W.

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