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SPD kritisiert ihren neuen Chef

Engholms Ansicht, Blauhelm-Einsätze seien ohne Grundgesetzänderung möglich, beschäftigt weiter die Partei/ Kritik von Amtsvorgänger Vogel und Parteilinker, freundliches Lob von CDU/CSU  ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die Äußerung des neuen SPD-Vorsitzenden Björn Engholm, friedenserhaltende Missionen deutscher Soldaten unter UN-Flagge seien auch ohne Grundgesetzänderung möglich, treibt die Partei weiter um. In der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion nahm der Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel Bezug auf „mißverständliche Äußerungen“ in der Blauhelm-Frage und erklärte, für alle, die sich in dieser Frage äußerten, stelle der Bremer Parteitagsbeschluß eine „strenge Orientierungslinie“ dar. Engholms Amtsvorgänger erhielt dafür Beifall von Teilen der Fraktion. Vogel vertritt die Ansicht, daß Blauhelm-Einsätze ohne eine Änderung des Grundgesetzes nicht gedeckt sind. Engholm hatte dagegen erklärt, selbst wenn es wegen weitergehender Wünsche der Union nicht zu einer Grundgesetzänderung komme, die nur die Beteiligung an friedenserhaltenden Aktionen der UNO erlaubt oder dieser Diskussionsprozeß noch nicht abgeschlossen sei, könne sich die Bundesrepublik einer entsprechenden Bitte der Weltorganisation nicht entziehen. Von der Union wurde diese Äußerung erfreut aufgenommen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Karl-Heinz Hornhues, erklärte, Engholms Erkenntnis sei erfreulich. Die Grünen dagegen übten Kritik. Der SPD-Abgeordnete Gernot Erler, kann in Engholms Neudefinition „keinen politischen Sinn sehen“. Er halte die Meinung Engholms, „die nicht die Position der SPD ist, für falsch“. Damit werde der auch von der FDP geteilte verfassungspolitische Konsens leichtfertig aufgegeben. Dies sei „kein gelungener Start“ des neuen SPD-Vorsitzenden, erklärte Erler.

Auch der Wortführer der parlamentarischen Linken in der SPD- Fraktion, Horst Peter, wertet die Engholm-Worte als „keine sachangemessene Aussage“. Solchen friedenserhaltenden Missionen, die aber doch militärische Einsätze seien, ohne Grundgesetzänderung zuzustimmen, habe er „keinerlei Bereitschaft“. Peter verwies auf Engholms Bremer Aussage: „Wer wagt, von diesen Beschlüssen abzuweichen, ist politisch tot.“ Der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer, Vorsitzender des Unterausschusses Abrüstung und Rüstungskontrolle, meinte, Engholm drücke nur aus, daß viele Staatsrechtler Blauhelm-Einsätze bereits jetzt für möglich halten, es aber aus politischen Konsensgründen geboten scheint, eine solche präzisierende Grundgesetzänderung vorzunehmen. Vermutungen, Engholms Äußerungen hätten einen konkreten Hintersinn, müssen offen bleiben. Möglicherweise, so hieß es im Bundestag, komme eine UN-Anfrage im Zusammenhang mit einer Blauhelm-Aktion in Kambodscha auf die Bundesrepublik zu. Vorstellbar sei auch der Einsatz von UN- Wachmännern im südlichen Irak, erklärte der UN-Vorsitzende. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Äußerungen Engholms würden mit Aufmerksamkeit registriert.

Voigt will schnelle Grundgesetzänderun

Genf (taz) — Der sicherheitspolitische Experte der SPD und stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Karsten Voigt, ist dafür, daß seine Partei den Entwurf für eine Grundgesetzänderung einbringt, mit der eine Beteiligung an den „Blauhelm“-Einsätzen ermöglicht werden soll. Voigt erklärte, die SPD müsse „die Koalition jetzt stellen“. Dies gelte vor allem für Bundesaußenminister Genscher, der sich noch bis vor einiger Zeit selbst gegen Blauhelmeinsätze ausgesprochen habe. Der Entwurf solle auf dem Parteitagsbeschluß basieren. Er glaubt wie Engholm, die Regierungskoalition werde versuchen, den uneingeschränkten Einsatz von Bundeswehrsoldaten nicht durch Grundgesetzänderung sondern durch Neuinterpretation der Verfassung zu ermöglichen.

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