: Asbstalarm: Gesundheitsamt dicht
■ Nach Routinearbeiten Verdacht auf Spritzasbest / 60 Mitarbeiter haben frei
Die Angestellten nennen ihn zärtlich den „Lungenflügel“, seit gestern morgen ist er dicht: Der Anbau des Hauptgesundheitsamtes (HGA) in der Horner Straße, in dem die Räume für TBC-Untersuchungen und Büros untergebracht sind. Die Behörde schickte wegen akuter Asbestgefahr 60 Mitarbeiter nach Hause.
Eigentlich hatte es nur eine Routinearbeit sein sollen: Ein Bautrupp hatte den Auftrag, im HGA auf Schimmelpilzjagd zu gehen. Als sie in einer Ecke den Putz von der Wand geklopft hatten, legten sie eine bläuliche Masse frei: Verdacht auf Spritzasbest.
Die Gesundheitsbehörde hat sofort gehandelt. Nach Rücksprache mit dem betriebsärztlichen Dienst, der ebenfalls in dem Trakt seine Räume hat, wurde der „Lungenflügel“ sofort geschlossen. Matthias Gruhl, Arzt im HGA und Mitglied des Arbeitskreises Asbest: „Es gibt bundesweit gültige Asbestrichtlinien, die in diesem Fall Sofortmaßnahmen verlangt haben.“
Gruhls erster Eindruck: Bei dem im HGA verwendeten Dämmaterial handelt es sich möglicherweise um Blauasbest, der in den fünfziger Jahren als Isolationsmaterial beliebt war. Das Amt sei geräumt worden, weil man die Gesundheit der Mitarbeiter nicht unnötig aufs Spiel setzen wolle.
Am Nachmittag wurde das Gebäude dann von Experten unter die Lupe genommen. Mit Dabei: Die Arbeitsgemeinschaft Toxische Baustoffe mit Mitgliedern der Umwelt- Bau- und Gesundheitsbehörde. Anders als bei herkömmlichen Umweltgiften kann man Asbst nicht messen. „Asbest ist ein mineralischer Stoff, dessen Schädlichkeit davon abhängt, wie fest er eingebunden ist“, meint Matthias Gruhl.
Die Experten haben deshalb Faserproben genommen. Ein endgültiges Untersuchungsergebnis wird heute morgen vom Bremer Umwelt-Institut erwartet.
„Wir können unseren Mitarbeitern auch erst am morgen sagen, ob sie wieder arbeiten können“, erklärte die Sprecherin der Gesundheitssenatorin, Helga Loest. Nach ersten optimistischen Schätzungen der Experten weist das Gewebe im Mauerwerk des Hauptgesundheitsamtes nicht die typische Asbest-Faserstruktur auf. Allerdings sei einigen älteren Mitarbeitern noch erinnerlich, daß bei der Errichtung des Gebäudes Spritzasbest verwendet worden sei.
Die Gefährlichkeit von Asbst wird mit einem umfangreichen Punktsystem festgestellt. In über 25 Analyseschritten werden Punkte verteilt, die in einer Endabrechung addiert werden. Wenn das Ergebnis heute asbest-positiv ausfallen sollte, brechen für das Hauptgesundheitsamt schwere Zeiten an. Mit 60 ausgelagerten Mitarbeitern verlöre das Amt kanpp ein Viertel seiner 220 Angestellten. Und von Ersatzräumen ist weit und breit keine Spur. „Da werden wir uns richtig was überlegen müssen“, erklärte Gesundheitssprecherin Loest gestern. Markus Daschner
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