Schamonis Dudelfunk auf Erfolgskurs

■ Sender Hundert,6 liegt bei Umfrage vorne/ Ostberliner Sender weit abgeschlagen/ Berliner Rundfunk drohte das Ende/ Regierender Bürgermeister Diepgen intervenierte bei Mühlfenzl

Berlin. Berlins einst populärster Sender, RIAS 2, hat deutlich an Hörerschaft verloren. Nur noch 15 Prozent der Westberliner lauschen den flotten Rhythmen auf 94,3 Mhz. Mehr als doppelt so viele bevorzugen den Froschfunk Schamoni und drehen auf 100,6 Mhz. Der Privatsender aus der Paulsborner Strasse wird, nach einer Infas-Studie, von jedem dritten Berliner im Westen und knapp jedem vierten im Osten gehört.

Dort allerdings liegt RIAS 2 mit einer Einschaltquote von 31 Prozent noch unangefochten an der Spitze. Trotzdem, »die Nr. 1 im Himmel von Berlin sind wir«, faßt Privatfunker Ulrich Schamoni das Ergebnis vollmundig zusammen. Zudem sei durch den Erfolg der Westradios die These von der spezifischen »Ost-Identität« widerlegt, die das Ostberliner Funkhaus in der Nalepastrasse ins Feld führt, wenn es auf den eigenen Programmauftrag zu sprechen kommt. In der Tat stoßen die Ostberliner Sender bei der eigenen Hörerschaft auf keine allzu große Resonanz. Der Spitzenreiter unter den Ost-Programmen kommt gar nicht aus der Nalepastrasse, sondern aus Potsdam. Antenne Brandenburg liegt mit 12,3 Prozent vorne, gefolgt vom Berliner Rundfunk mit 10,3 Prozent und Radio Aktuell mit 4,5 Prozent. Den populären Jugendfunkern von DT 64 lauschen nur 3,5 Prozent der Hörer.

Für den Intendanten des Funkhauses in der Nalepastrasse, Christoph Singelstein, ist ein Ergebnis von 10 Prozent »schon eine ganze Menge«. Er glaubt zudem nicht, daß die Hörerquoten bei den politischen Auseinandersetzungen um den Fortbestand des Ost-Rundfunks eine Rolle spielen. Die wesentlichen politischen Entscheidungen, so Singelstein, würden so oder so getroffen werden, egal ob die Einschaltquote hoch oder niedrig ist.

Als Beleg für diese Einschätzung mögen dem Intendanten die jüngsten Auseinandersetzungen um die Existenz des Berliner Rundfunks gegolten haben. Dieser sollte, wie jetzt zu erfahren war, nach dem Willen des Rundfunkbeauftragten Mühlfenzl, kurzfristig abgestellt werden. Kurz bevor Mühlfenzl diesen Plan dem Beirat des Rundfunks am vergangenen Mittwoch abend vorlegen ließ, wurde er von Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen gestoppt. Diepgen intervenierte schriftlich bei Mühlfenzl mit der Begründung, daß solche wichtigen medienpolitische Entscheidungen nur in Absprache mit den Landesregierungen, also auch mit ihm, zu treffen seien. Dem Direktor des Berliner Rundfunks, Jürgen Itzfeld, ist Diepgens Einschreiten ein Indiz dafür, daß sich der Regierende generell für den Fortbestand des Berliner Rundfunks einsetzen will. Denn, so Itzfelds Einschätzung, Diepgen interveniert nicht, um lediglich drei Monate herauszuschinden. dr